Karim, ich muss dich abschieben

von Hannes Koch

Unser Autor hat einen Flüchtling bei sich aufgenommen. Doch nun ist er genervt und fragt sich: Bin ich ein selbstgerechter Erste-Welt-Sack?

Ich möchte mit Ihnen nur eine Woche bleiben.“

„Bitta tötet mich nicht hier.“

„Ich schwöre ich sterbe.“

„You killed me.“

Mockup des nominierten Textes von Hannes Koch von der TAZ-Website
taz / BDZV

Diese WhatsApp-Nachrichten hat mir Karim* geschickt. Er ist 21 Jahre alt, Flüchtling aus der Stadt al-Bab in Nordsyrien. Seit fast einem Jahr lebt er bei uns zu Hause.

Karim und ich sind ineinander verhakt, es geht nicht vor und nicht zurück. Ich will, dass er geht.

Gerade habe ich ihn zu der Wohnung gefahren, in der ich für ihn ein WG-Zimmer gemietet habe. Jetzt sitze ich vor der Tür im Auto. Karim und ich kämpfen miteinander per Kurznachricht. Gehe ich wieder hoch, nehme ich ihn wieder mit? Ich fürchte, dass er sich etwas antut. Oder macht er nur Druck? Diese Geschichte muss ein Ende haben.

Vor ziemlich genau einem Jahr ruft mich meine 19-jährige Tochter im Büro an. Sie habe im Club einen Flüchtling kennengelernt, der ein Bett brauche. Ja, sage ich, geht. Für ein paar Tage. Ob ich diese Einschränkung hinzugefügt oder nur gedacht habe, weiß ich nicht mehr. Als ich zu Hause eintreffe, hat meine Tochter in einer Ecke ihres Zimmers eine Matratze hingelegt und bezogen. Kiste daneben, Leselampe drauf. Ihren Bruder hat sie nicht gefragt. Mein 16-jähriger Sohn ist eben aus der Schule gekommen und unterhält sich mit Karim.

Karim ist schüchtern. Wir sind schüchtern. Er setzt sich im Wohnzimmer auf die Kante des Sofas, wischt auf seinem Smartphone rum. Ich bitte ihn in die Küche, wir sitzen am Tisch. Er erzählt von al-Bab, damals Gebiet der IS-Kämpfer. Zum Fastenbrechen 2015 verließ er sein Elternhaus, um Lebensmittel einzukaufen. Als er zurückkam, fand er nur noch Trümmer. Eine Rakete hatte eingeschlagen. Mutter, Vater und sein kleiner Bruder – tot. Nach der Beerdigung haute Karim ab, durch die Türkei, Schlauchboot nach Lesbos, Balkanroute, Deutschland, eine Kleinstadt bei Berlin. Er zeigt Fotos von seinen Verstorbenen. Was gibt es da zu sagen? Wir gehen in einen Biergarten, um etwas zu essen. Unterwegs hebt er ein Papier vom Bürgersteig auf und wirft es in einen Mülleimer. Patenter Typ, denke ich.

Ich finde richtig, was ich tue. Ich fühle mich gut. Ein halbes Jahr dauert der große Run da schon an. Eine Million Flüchtlinge. Zu helfen erscheint naheliegend und nötig.

„Wie lange kann ich bei euch bleiben?“, fragt Karim nach ein paar Tagen. „Bis wir eine Wohnung für dich gefunden haben“, antworte ich. Abends bin ich bei Freunden eingeladen. Viele haben jetzt „einen Syrer“. „Unser Flüchtling hat gestern …“ – so beginnen die Erzählungen. Wir sind der Merkel-Fan-Club, obwohl wir nicht die CDU wählen.

Im Land Brandenburg, angeblich Dunkeldeutschland, wurde Karim bürokratisch bestens versorgt. Er hat eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis, einen Personalausweis, einen Reisepass für den Schengenraum, eine Krankenversicherungskarte, Hartz IV. Und er darf arbeiten. Weil das Flüchtlingswohnheim, in dem er anfangs lebte, umgebaut wird, braucht er eine neue Bleibe. Wir melden ihn bei uns in Berlin an.

Sein Sprachunterricht beginnt jeden Tag um 13.30 Uhr. Bevor ich morgens ins Büro fahre, wecke ich Karim. Er steht kurz auf, legt sich dann wieder hin. Komme ich nachmittags nach Hause, liegt er ebenfalls im Bett. Er schläft und schläft. Zwischendurch schaut er stundenlang in sein Smartphone, um Kontakt zu seiner verlorenen Welt zu halten, zu seinen Onkels, Tanten, Cousins, Cousinen und Freunden, die ebenfalls auf der Flucht sind.

Er ist ein Sanfter, der den Harten gibt. Er trägt Armeehosen, fingerlose schwarze Handschuhe, an der Halskette einen stilisierten Säbel aus Blech, das Schwert Mohammeds. Ins Fitnessstudio geht er regelmäßig. Gerne postet er auf Facebook Fotos von seinem Sixpack, worauf er Hunderte Likes erhält. Freitag- und Samstagnacht feiert er durch. Er findet nette Kumpels, die mit beiden Beinen im Leben stehen und ihm helfen.

Mir bringt Karim ein bisschen Arabisch bei. Er erzählt von seinem Leben in Syrien, von den großen Familien. Man sei immer unter Verwandten und Freunden, ständig komme jemand zu Besuch. Er wundert sich über unser Alleine-Leben. Ich wohne in Berlin-Kreuzberg, meine Exfrau in Schöneberg. Unsere beiden Kinder sind eine Woche bei mir, eine bei ihr. Unseren Flüchtling tauschen wir im entgegengesetzten Rhythmus, weil weder sie noch ich ein extra Zimmer haben. Gemeinsam sind wir seine Ersatzfamilie.

Die Arabisch sprechende Psychologin, die wir um Hilfe bitten, attestiert Karim eine Traumatisierung und Depression. Er schläft schlecht, klagt über Albträume, die Bilder aus dem Krieg verfolgen ihn. Manchmal, wenn man ihn morgens weckt, schreckt er auf und sitzt kerzengerade im Bett. Sie sagt, wir müssten ihm Zeit geben, bis er zur Ruhe kommt. Ein langwieriger Prozess: Per Smartphone erfährt er, wenn wieder ein Cousin oder eine Tante in Syrien getötet wurde. Dann weint er. Ich lege meinen Arm um ihn und frage mich, ob es nicht besser wäre, den Kontakt zu seinem früheren Leben so lange abzubrechen, bis er neuen Boden unter den Füßen hat.

Ich lerne ihn kennen, seine Marotten ebenfalls. Die Zuckerdose steht immer in seinem Zimmer. Die Klobrille ist nass, weil er statt Papier Wasser benutzt. In der Dusche verstopfen seine schwarzen Haare das Abflusssieb. Nasse Handtücher wirft er in den Wäschekorb, wo sie vor sich hin modern. Gerne lässt er die Waschmaschine für vier Socken und drei Unterhosen laufen. In den elf Monaten bei uns macht Karim zweimal die Wohnung sauber. Ich sage ihm, was mich stört. Es ändert sich wenig.

Religion interessiert ihn kaum. Nur selten breitet er, um niederzuknien, sein Tuch auf dem Boden aus. Seltsamerweise betet er nicht Richtung Mekka, sondern gen Süden. Ich mache Witze darüber. „Du bist ein Freizeitrassist“, empört sich meine Tochter. „Und du hast gut reden“, sage ich. „Du hast den Typen angeschleppt, aber Mama und Papa erledigen die Arbeit.“

Eines Tages riecht es ganz elegant in unserer Küche. Ich gehe zum Badezimmerschrank und stelle fest: Karim hat mein Superteuerparfüm schon halb geleert. Er macht mir vor, wie die Mädchen vor Verzückung an seinem Hals hängen. Ich rege mich entsetzlich auf. Zahnbürste, Deo, Parfüm – privat! Muss man das wirklich erklären? Zwei Tage später benutzt er wieder mein Parfüm. Ich drohe, ihn rauszuschmeißen.

Als ich ein Wochenende verreisen will und Karim allein zu Hause bleibt, ordne ich an: Keine Party! Nach meiner Rückkehr finde ich Plastiktüten mit leeren Flaschen im Abstellraum. Karim erklärt: draußen gesammelt wegen Pfand. Wir fahren sie zum Supermarkt. Später erzählen mir Nachbarn, dass Karim einen Haufen Leute eingeladen hat und sie ihn bitten mussten, die Musik leiser zu drehen.

Es kommt selten vor, dass ich rumschreie. Nun passiert es. Weil Karim mich verarscht. Das kann ich mir von einem Erwachsenen, mit dem ich zusammenwohne, nicht bieten lassen. Es ist nicht nur eine Frage der Selbstachtung, sondern auch der Sicherheit. Mein Portemonnaie liegt offen herum, meine Bankkarten, im Notizbuch stehen die Zugangscodes zum Konto. Zur Strafe für den Vertrauensbruch schicke ich Karim weg: „Morgen kannst du wiederkommen.“ Meine Exfrau findet das angemessen.

Haben sich meine Kinder nicht ebenfalls manchen Scheiß geleistet? Bin ich ein selbstgerechter Erste-Welt-Sack, der sich nur gut fühlen, aber seine Komfortzone nicht verlassen will? Vielleicht.

Warum geht mir Karim allmählich so auf die Nerven? Ein Teil der Antwort: Seit bald zwei Jahren lebt er in Deutschland und steckt zum dritten Mal im Anfänger-Deutschkurs A1. Seine Sprachkenntnisse sind armselig. Hausaufgaben machen? Fehlanzeige. Er findet, er spreche schon ganz ordentlich. Ich: „Nein, du sprichst scheiße Deutsch. Ich kann nicht normal mit dir reden.“ Ich werfe ihm ein paar schnelle Sätze hin, um zu demonstrieren, dass er nichts versteht. Er versteht nichts. Ich fühle mich schlecht. Wahr bleibt dennoch: Karim ist stinkfaul. Er verhält sich wie unser Kater: Nahrungsaufnahme, schlafen.

Man könnte diese Geschichte so lesen: Eine Million Flüchtlinge kamen nach Deutschland, staatlicher Kontrollverlust, gesellschaftliche Überforderung, der Terror reiste mit ein. Jetzt, anderthalb Jahre später, bemerken wir die Konsequenzen auch im privaten Umfeld. Die Deutschen wachen endlich auf.

Nein. Ich würde wieder einen Flüchtling aufnehmen. Vielleicht aber würde ich ihm gleich am Anfang sagen: Vier Wochen Probezeit, dann entscheide ich, wie es weitergeht mit uns. Das mit Karim und meiner Familie ging schief. Trotzdem bleibt richtig, was im Sommer 2015 auch schon richtig war: Deutschland und Europa müssen Flüchtlinge aufnehmen.

Viele Freunde und Bekannte haben bessere Erfahrungen gemacht: Zwei Nachbarinnen beherbergen einen afghanischen Jungen, den die Regierung abschieben wollte. Nun macht er den mittleren Schulabschluss. Ein Freund hat einen jungen Mann aus Kamerun so weit unterstützt, dass dieser nun eine Ausbildung zum Busfahrer absolviert. Und wir kennen einige Syrer, die mittlerweile passabel Deutsch sprechen, in eigenen Wohnungen leben, ihren Weg gehen. Ihnen ist gemeinsam: Sie haben sich reingekniet und den Arsch zusammengekniffen.

Karim belügt mich mehr als ein Mal. „Warst du heute bis 14 Uhr in der Schule?“ – „Ja, natürlich.“ Ein paar Tage später erfahre ich: Er nimmt sich regelmäßig die Freiheit, um 12 Uhr den Unterricht zu verlassen. Wieder und wieder reden wir mit ihm. Deutsch lernen – wichtig! Sonst keine Arbeit, kein Geld, keine Chance. Er sagt immer nur: Ja, ich lerne mehr. Mein Vorrat an Mitleid erschöpft sich. Wie lange soll das alles dauern? Ein Jahr, zwei Jahre, drei? Wie lange soll ich ihm noch die Formulare ausfüllen?

Die Identität muss gegen die Migration errungen werden.

Als meine erwachsene Tochter auszieht, nimmt sie ihr Meerschweinchen mit. Den Syrer lässt sie da. Mein Sohn macht in diesen Wochen Abitur. Ich habe zwanzig Jahre Erziehung geleistet. Das war eine schöne Sache. Aber jetzt bin ich 55. Wenn ich nochmal eine Wohngemeinschaft aufmache, möchte ich mir die Mitbewohner selbst aussuchen.

In seiner Kolumne im Spiegel schreibt Jakob Augstein, „die Identität muss gegen die Migration errungen werden“. Er plädiert für den „Schutz der Heimat“. Starke und seltsame Gedanken für jemanden, der sich für links hält, besonders in dieser Wortwahl. In Augsteins Gedanken stecken jedoch Fragen, die ich mir während der Zeit mit Karim auch stelle: Was müssen Flüchtlinge hier leisten, was sollen wir, die Alteingesessenen, ihnen abverlangen, wie viel Integration fordern wir?

Bundesinnenminister Thomas de Maizière schreibt in seinen Thesen über die „Leitkultur für Deutschland“: „Wir sehen Bildung als Wert“. „Wir fordern Leistung“. Ich mag den Begriff „Leitkultur“ nicht und finde den Katalog von de Maizière größtenteils schräg. Aber der Minister hat auch einen Punkt: Wenn Karim sich mehr anstrengen würde, käme er in diesem Land besser an.

Wie lange tolerieren wir also sein Phlegma? Auf unsere Bitten reagiert er nicht. Traumatisiert? Ja, meinetwegen. Aber eben auch faul – und verwöhnt. Wahrscheinlich regelte Mama in Syrien alles. Und normalerweise hätten seine Eltern auch eine Ehefrau gesucht, die dann alles macht. Aber dieses Modell funktioniert bei uns nicht.

Meine Familie und ich fühlen uns zunehmend überfordert, werden ungeduldig. Er geht uns auf die Nerven – und wir ihm. Unterhaltungen zu Hause finden kaum noch statt. Wir versuchen, uns in der Wohnung möglichst wenig zu treffen. Eine Freundin, die zu Besuch kommt, sagt: Bei euch ist es wie in einer zerrütteten Ehe.

Der sozialpsychiatrische Dienst des Bezirksamts kann uns nicht helfen. Ja, Karim sei traumatisiert. Nein, Plätze in betreuten Wohngemeinschaften stünden für Flüchtlinge nicht zur Verfügung. Wir fassen den Plan, dass er Ende März dieses Jahres ausziehen soll. Das heißt: wochenlange Wohnungssuche. Schließlich entdecken wir diese Internetseite, eine Art Airbnb für WG-Zimmer. Wir buchen eine Unterkunft ab 1. April.

Karim lehnt ab. Mit fünf fremden Menschen wolle er nicht zusammenleben. Außerdem sei die neue Wohnung zu weit von seiner Sprachschule entfernt. 25 Minuten mit der S-Bahn.

„Am Freitag holen wir den Schlüssel und am Samstag schaust du dir die Wohnung an“, sage ich. „Nein“, sagt er, „ich gehe jetzt.“

„Wohin?“

„Berlin ist groß.“

Er geht in sein Zimmer, ändert sein Profilbild auf WhatsApp: Man sieht ihn auf der Erde liegen, zugedeckt mit einem roten Handtuch, zwischen zwei Gräbern. Das müssen die Gräber seiner Eltern sein. Vor ein paar Wochen hatte er das Foto seiner Mutter als Profilbild, dann das seines getöteten kleinen Bruders.

Er packt seine Sachen. Ich nehme seine Schlüssel an mich. Große Plastiktüte, zwei kleine Koffer, seine Umhängetasche, so steht er im Flur. Danke für alles, sagt er, dreht sich um, geht.

Er ist so plötzlich weg, wie er gekommen ist. Schlechtes Gewissen? Vor allem bin ich erleichtert, ziehe das Bett ab, werfe seine Joghurts und die Zahnbürste weg.

Am nächsten Tag ist er wieder da. Er hat die Nacht im Park verbracht. Wir nehmen ihn nochmal auf, nachdem er uns versprochen hat, am nächsten Samstag wirklich umzuziehen. Er sagt: „Ihr seid meine Familie, in Syrien habe ich keine mehr. Ich bin glücklich bei euch.“ Er weint, schleicht in sein Zimmer.

Samstag, ein warmer Frühlingsnachmittag: Ich lade Karims Sachen ins Auto. Wir fahren nach Wilmersdorf zu seiner neuen WG. Ordentliches Haus, dritter Stock, große Wohnung. Das Zimmer, das wir gemietet haben, ist okay, Küche und Bad aber sind dreckig. „Das ist scheiße“, sagt Karim, „wenn ich hier bleibe, sterbe ich.“ „Drei Stunden putzen, Müll runterbringen, und es sieht gut aus“, sage ich.

Sein Blick wird leer, er sackt auf einen Küchenstuhl, springt wieder auf, nimmt ein Messer und spielt damit an seinem Handgelenk herum. Mir wird anders. Gleichzeitig denke ich: Wenn ich ihn jetzt wieder mitnehme – wie soll das mit uns jemals enden? Ich ziehe die Tür hinter mir zu und gehe.

Im Auto vor dem Haus werde ich unruhig. Was, wenn ich in die Gerichtsmedizin gerufen werde, um Karim zu identifizieren? Kann ich damit leben? Ich schreibe ihm: „Was machst du?“

„Ich kann nicht hier.“

„Nun ist die Krankheit zurück.“

„Jetzt habe ich sterben.“

„Ich bin Atemnot.“

30 Nachrichten dieser Sorte. Was mache ich jetzt? Wegfahren, Selbstmord riskieren? Er übt nur Druck aus, sage ich mir. Oder doch nicht? Woher soll ich das wissen?

Ich rufe die 112 an. Sieben Minuten später kommen zwei Streifenwagen und der Notarzt. Sie fahren Karim in die Rettungsstelle des nahen Krankenhauses.

Ein Psychiater nimmt sich eine Stunde Zeit, versucht herauszubekommen, warum Karim nicht in die neue Wohnung ziehen will. Karim sagt, seine bösen Träume kämen zurück, sein Kopf würde explodieren.

Aus dem Arztprotokoll: „Der Patient sagt, dass er in der WG nicht bleiben könne. Es würde ihm dort zu schlecht gehen. Aufgrund der Sprachbarriere ist der genaue Grund nicht zu eruieren. Vermutlich im Rahmen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dem Patient wird mehrfach eine stationäre Aufnahme angeboten. Er lehnt dies ab und sagt, er wolle dann lieber zurück nach Syrien gehen. Auch nach der Aufklärung über die Gefahr in Syrien sagt er, dass er dorthin zurückkehren wolle. Die Äußerungen haben gegenüber Herrn Koch erpresserischen Charakter. Von Suizidalität distanziert sich der Patient klar und glaubhaft. Kein Anhalt für akute Eigen- oder Fremdgefährdung.“

Die beiden letzten Sätze sind wichtig für mich. Wir verlassen die Notaufnahme. Ich sage Karim, er solle zu seiner Wohnung fahren, essen, duschen, schlafen, morgen könnten wir uns treffen. Er antwortet, er habe den Schlüssel weggeworfen. Das ist gelogen. Ich fahre nach Hause, alleine.

Heute, sieben Wochen später, haben Karim und ich sporadischen Kontakt. Wenn nötig, kümmern meine Exfrau und ich uns um die Bürokratie. Das WG-Zimmer, das wir immer noch bezahlen, scheint er nicht zu nutzen. Den anderen Leuten erzählt er, wir hätten ihn rausgeschmissen.


* Name geändert