Preisträger 2014

BDZV verleiht Bürgerpreis der deutschen Zeitungen an Rupert Neudeck

„Die Rolle, die die Medien und gerade auch unsere Zeitungen als Berichterstatter über Kriegs- und Krisengebiete spielen, kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Wenn in vielen Regionen dieser Erde Menschen Opfer von nie gekannter Gewalt und Unterdrückung werden, sind es die Journalisten, die für die notwendige Aufklärung sorgen.“ Das sagte Helmut Heinen, Präsident des BDZV, am 26. Februar in Berlin anlässlich der Verleihung des Bürgerpreises der deutschen Zeitungen an Rupert Neudeck. 

Die Jury – alle Chefredakteure der im BDZV organisierten Verlage – hatte dem Gründer der Hilfsorganisation Cap Anamur/Deutsche Notärzte e.V. und  des Friedenskorps Grünhelme die mit 20.000 Euro dotierte Ehrung für sein unermüdliches Engagement für Flüchtlinge und Menschen in Not zugesprochen.

Der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas,  würdigte Rupert Neudeck vor gut 150 geladenen Gästen aus Politik und Medien in Berlin als eine Persönlichkeit, die „uns mit ihrer eigenen Lebensgeschichte sehr anschaulich vermittelt, dass Flucht keine Wahl ist, sondern ein Schicksal. Die Verleihung des Bürgerpreises an Rupert Neudeck ist ein starkes Zeichen dafür, Menschen zu helfen, die ihre Heimat verlassen müssen. Rupert Neudeck hat vielleicht das Größte geleistet, was ein Mensch überhaupt tun kann: Menschenleben retten.“  

"Wer etwas Großes auf dieser Welt beginnen will, darf sich nicht auf die Zuständigen und die Experten verlassen", betonte Rupert Neudeck. Die Zuständigen seien der Tod einer humanitären Aktion. Das gelte ebenso für all die klugen Experten, „die einen dazu bringen, ein riskantes Unternehmen abzublasen, obwohl es für die Betroffenen lebensrettend sein kann“. Neudecks Anspruch: „Nach dem großen Loch in unserer Geschichte müssen wir uns immer in Mut-Form halten und dürfen nie wieder feige sein.“

Bisher als Bürger des Jahres gewürdigt wurden 2010 Thomas Beckmann (nominiert von der "Rheinischen Post", Düsseldorf), 2011 das Ehepaar Birgit und Horst Lohmeyer (nominiert von der "Ostsee-Zeitung", Rostock),  2012 Nora Weisbrod, (nominiert von "Allgemeiner Zeitung", Mainz, und "Wiesbadener Kurier"), und Gaby Wentland (nominiert vom „Hamburger Abendblatt“).  Der Solo-Cellist Beckmann hat die in 100 deutschen Städten aktive Obdachlosenhilfe-Organisation "Gemeinsam gegen Kälte" gegründet. Birgit und Horst Lohmeyer engagieren sich in dem Örtchen Jamel (Mecklenburg-Vorpommern) gegen Neonazis und rechte Gewalttäter. Nora Weisbrod unterstützt als Gründerin und Geschäftsführerin der „Aktion Tagwerk“ Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche in Ruanda, Burundi und Südafrika. Gaby Wentland kümmert sich mit der von ihr ins Leben gerufenen „Mission Freedom“ um zwangsprostituierte Mädchen und junge Frauen. Bei dem aktuellen Preisträger handelt es sich um eine Nominierung des „Kölner Stadt-Anzeigers“.

Ausgezeichnet als „Deutschlands Bürger/Bürgerin des Jahres“ werden Personen, die auch jenseits ihrer eigentlichen Profession Herausragendes für die Gesellschaft leisten. Die deutsche Nationalität ist ausdrücklich nicht Voraussetzung.

Preisträger Rupert Neudeck

Preisverleihung des Bürgerpreises 2014
BDZV

Grußwort anlässlich der Preisverleihung Grusswort von Helmut Heinen, Präsident Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger, anlässlich der Verleihung des Bürgerpreises der Deutschen Zeitungen an Rupert. Neudeck am 26. Februar 2015 in Berlin

Es gilt das gesprochene Wort!

Die Flüchtlingsströme weltweit sind heute erstmals wieder so groß, wie sie es 1945 zum Ende des Zweiten Weltkriegs waren. Täglich berichten wir über Kriegs- und Krisenherde. Ihre Zahl nimmt eher noch zu. Die Rolle, die die Medien und gerade auch unsere Zeitungen als Berichterstatter spielen, kann dabei gar nicht hoch genug geschätzt werden. Im Krieg, heißt es, stirbt die Wahrheit zuerst. Wenn in vielen Regionen dieser Erde Menschen Opfer von nie gekannter Gewalt und Unterdrückung werden, sind es die Journalisten, die für notwendige Aufklärung sorgen.  

Wer aber kümmert sich um die Menschen, die in ihrer Heimat alles verloren haben und nun anderswo Schutz suchen? Was muss getan werden, um die Herkunftsländer politisch und wirtschaftlich so zu stabilisieren, dass nicht Jahr für Jahr Hunderttausende Menschen ihre Heimat verlassen, weil Krieg, Hunger, politische Repressalien oder religiöse Verfolgung sie dazu zwingen? Reicht es aus, die internationale Hilfeleistung an die Regierung und ihre dafür vorgesehenen Organisationen zu delegieren? Oder anders gefragt: Was wäre, wenn es all die großartigen freiwilligen Leistungen der Nichtregierungs-Organisationen und Hilfsvereine nicht gäbe? 

Darüber wollen wir heute Morgen sprechen. Herzlich willkommen zum Bürgerpreis der deutschen Zeitungen.

Ich begrüße den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Herrn Heiko Maas. Sie haben, sehr geehrter Herr Maas, als es darum ging, einen Unangepassten, einen Pazifisten, einen Idealisten und sein herausragendes Engagement für Flüchtlinge und Menschen in Not zu würdigen, sofort zugesagt. Dafür danke ich Ihnen sehr!

Herzlich willkommen heiße ich auch die Damen und Herren Abgeordneten des Deutschen Bundestags. Ich begrüße den langjährigen Präsidenten des Deutschen Bundestags, Herrn Wolfgang Thierse, und den Botschafter der Republik Kosovo, Herrn Skender Xhakaliu.

Eine persönliche Freude ist es mir, dass mit Herrn Thomas Beckmann auch der erste Träger unseres Bürgerpreises, der Gründer der Aktion „Gemeinsam gegen Kälte“, mit seiner Frau zur Preisverleihung eigens aus Düsseldorf angereist ist.

Ganz besonders begrüße ich nun aber den Mittelpunkt unserer heutigen Zusammenkunft, unseren Preisträger Herrn Dr. Rupert Neudeck und seine Frau Christel.

Dem einen oder anderen, der sich hier eingefunden hat, mag gar nicht bewusst sein, dass Rupert Neudeck eigentlich „einer von uns“ ist, ein Journalist. Seine berufliche Karriere begann in Köln bei der katholischen Funk-Korrespondenz und beim Deutschlandfunk. Sehr bald muss er begonnen haben, die Dinge, über die er berichtete, auch zu seiner eigenen Sache zu machen. 1979 jedenfalls gründeten Rupert und Christel Neudeck mit Freunden das Komitee „Ein Schiff für Vietnam“ zur Rettung der damals so genannten Boat People aus dem südchinesischen Meer. Der Rest ist, wie es so schön heißt, ist Geschichte. 1982 wurde aus dem Komitee die Hilfsorganisation Cap Anamur/Deutsche Notärzte. 2003 folgte die Gründung des Friedenskorps Grünhelme. Wir werden noch darauf zurückkommen.

Die Wahl zum Bürger oder zur Bürgerin des Jahres liegt in den Händen der größten und kompetentesten Jury, die wir aufbieten können – sie liegt bei den Chefredakteuren an unseren Zeitungen. Wer wüsste wohl besser Bescheid über die Sehnsüchte und Wünsche, die Sorgen und Nöte der Menschen als gerade die Zeitungen und ihre Macher, die Tag für Tag das Zeitgeschehen reflektieren, kommentieren und die im ständigen Dialog mit ihren Lesern stehen? Und das ja längst nicht mehr nur in gedruckter Form, sondern auch online und mobil, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.

Als wir im vergangenen September zum fünften Mal die Chefredakteure um Vorschläge für eine mögliche Preisträgerin oder einen Preisträger baten, fielen die Vorschläge einmal mehr höchst unterschiedlich aus.

  • Aus Augsburg war Humedica dabei, ein Ärzteteam, das weltweit bei Katastrophen schnell und flexibel reagieren kann,
  • aus Bremerhaven die Aktion Tage im Grünen, die seit 50 Jahren Kindern aus mittellosen Familien unbeschwerte Ferientage vor den Toren der Stadt ermöglicht,
  • Zweibrücken nominierte den Schüler Felix Finkbeiner, der 2007 die Umweltschutzaktion Plant for the Planet ins Leben rief und weltweit mit seinen Mitstreitern bis heute Millionen Bäume pflanzte,
  • Saarbrücken benannte Bundespräsident Joachim Gauck, den Bürgerpräsidenten,
  • und aus Münster wurde der Verein Herzenswünsche vorgeschlagen, der für schwer erkrankte Kinder und Jugendliche in ganz Deutschland Träume wahrmacht.

Und doch entschied sich die Jury sehr schnell einmütig für einen Vorschlag des „Kölner Stadt-Anzeigers“, weil das Thema alle angeht und tief berührt: Heute kommen die Boote über das Mittelmeer. Die Flüchtlinge stammen vor allem aus Afrika und dem Nahen Osten. Und ganz Europa steht vor der Frage, wie viel Mitmenschlichkeit und Solidarität es leisten kann – und will.

Unsere Chefredakteure also hatten ein feines Gespür, als sie sich für Rupert Neudeck als Bürger des Jahres entschieden. An seinem Beispiel zeigt sich, dass ein Einzelner es vermag, mit festem Willen, mit hoher Überzeugungskraft und, wenn nötig, auch mit einer guten Portion Sturheit das Leben Zigtausender zu retten. Lassen Sie mich dazu aus Mails zitieren, die den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger in den zurückliegenden Wochen von zahlreichen Absendern mit vietnamesischem Familiennamen erreichten. Darin heißt es sinngemäß „…Meine Familie und die vietnamesische Gemeinde haben Rupert Neudeck, dem Gründer der Cap Anamur, und Deutschland viel zu verdanken.“ Einige Verfasser dieser Mails sind heute Morgen hier, auch Ihnen ein herzliches Willkommen.

Download des vollständigen Grußworts als PDF

Preisverleihung an Rupert Neudeck