Manfred Kluge im Interview: „Ein Bollwerk gegen Desinformation“
„Medienvielfalt schützt Demokratie“ – das ist der Leitgedanke der Initiative 18. Sie will eine vielfältige Medienlandschaft sichern und hat sich zum Ziel gesetzt, freie, sichere und nachhaltige Medien als das 18. Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen zu etablieren.
Im Gespräch mit dem BDZV erläutert Manfred Kluge, Gründer und Kopf der Initiative 18, seine Beweggründe, die Reaktionen aus der Branche und warum er Werbegelder als „grünen Strom“ für die Demokratie betrachtet.

Herr Kluge, was war der eine Moment, in dem Sie gesagt haben: Jetzt starte ich die „Initiative 18“?
Es waren zwei Entwicklungen, die parallel stattgefunden haben. Erstens die Flut an schädlichen Inhalten im Netz, wie Desinformation, Hetze und extremistische Inhalte, die spürbar den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und das Wohl junger Menschen gefährden. Zweitens die Entdemokratisierung des Internets, wo wenige globale Plattformen den Großteil der Internetnutzung kontrollieren und durch ihre intransparenten Algorithmen über die Verbreitung von Inhalten bestimmen.
Wenn Sie nur ein Ziel erreichen könnten – welches wäre das?
Ich möchte, dass freie, sichere und nachhaltige Medien auch in Zukunft ein starkes Bollwerk gegen Desinformation bilden und deshalb gestärkt werden. Ideal als offizielles 18. Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen, mindestens aber als assoziiertes Ziel von Unternehmen und demokratischen Regierungen.
Wie reagiert die Branche bisher: Jubel, höfliches Schweigen oder offener Widerstand? Welche Reaktion hat Sie am meisten überrascht?
Anfangs gab es verhaltene Reaktionen, aber direkt auch viel Zuspruch. Mittlerweile ist das Thema gesellschaftliche Verantwortung in jedem Branchenevent gesetzt. Gemeinsam mit anderen Mitstreitern und Verbänden konnten wir essenzielle Forderungen im Koalitionsvertrag der neuen Regierung verankern. So z.B. das klare Bekenntnis zur Stärkung von Medienvielfalt und den entschlossenen Kampf gegen Desinformation. Jetzt ist die Politik gefordert, hier für Umsetzungen zu sorgen, wobei wir gerne unterstützen.
Sie erwarten mehr gesellschaftliche Verantwortung von Werbung und Medien. „Haltung“ klingt gut – aber läuft das nicht Gefahr, zur Einmischung in Redaktionen zu werden?
Nein, das sehe ich gar nicht. Wir wollen freien, also unabhängigen, Journalismus schützen. In unseren acht Unterzielen haben wir auch klar hinterlegt, dass Presse – und Meinungsfreiheit unantastbar bleiben müssen, solange die Inhalte keine rechtlichen Grenzen überschreiten.
Viele Unternehmen sprechen von Verantwortung. Sehen Sie echte Budgetverschiebungen oder bleibt es beim Lippenbekenntnis?
Zur Wahrheit gehört, dass dies eher ein Marathon als ein Sprint ist. Aus meinen Gesprächen mit Werbungtreibenden nehme ich mit, dass ein Prozess in Gang gekommen ist. Es gibt nun sehr viel mehr Bewusstsein für die Fehlentwicklungen und es kommt immer öfter zur Überprüfung der bisherigen Werbebudgetallokation.
Leider ist die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes ein Hemmschuh, da Werbeinvestitionen insgesamt nicht wachsen und ein hohes Augenmerk auf kurzfristiger Performance versus konsequenter Markenpflege liegt. Und natürlich haben auch die Medienhäuser die Verantwortung, die digitale Transformation weiter zu treiben und relevant zu bleiben - inhaltlich und reichweitentechnisch.
Manfred Kluge:Medienhäuser, die vertrauenswürdige journalistische Inhalte produzieren und verbreiten, sind das Bollwerk gegen Desinformation. Werbeinvestitionen in diese Medienhäuser sind wie grüner Strom. In diesem Fall gut für unser demokratisches Klima.
Nach allen Daten, die uns vorliegen, sprudeln die Werbeeinnahmen der großen US-Plattformen unvermindert weiter. Gibt es neben gesellschaftlicher Verantwortung nicht auch gute Gründe für Marken, in validen und hochwertigen Medienumfeldern zu werben?
Unbedingt! Das ist keine Subvention von klassischen Medien, sondern natürlich haben diese durch ihre Reichweiten, durch echte User, durch sichere Umfelder, durch einen unabhängigen Nachweis von Leistungswerten eine hohe Werbewirkung und weiterhin einen sehr guten ROI.
Im Manifest der Initiative 18 heißt es, Werbeinvestitionen sollen den „demokratischen Wert von Medieninhalten berücksichtigen“. Könnte Ihre Initiative am Ende den Eindruck wecken: Wer zahlt, darf auch bei den Inhalten mitreden?
Wie bereits ausgeführt: Das ist überhaupt nicht intendiert. Journalismus muss unbedingt unabhängig bleiben, frei von staatlicher, parteipolitischer Einflussnahme und auch frei von Einmischung durch die Wirtschaft.
Wir verbinden folgende Gedanken mit unserer Forderung: Medienhäuser, die vertrauenswürdige journalistische Inhalte produzieren und verbreiten, sind das Bollwerk gegen Desinformation. Werbeinvestitionen in diese Medienhäuser sind wie grüner Strom. In diesem Fall gut für unser demokratisches Klima.
Vielen Dank für das Gespräch!