Logistik trifft Lesermarkt: Die neue Achse der Verlage

Eindrücke von der BDZV-Konferenz Verlagslogistik 2025 in Fulda

Wenn Lambert Lensing-Wolff auf die Bühne tritt, hört man genau hin. Der BDZV-Ressortvorstand Journalismus und Verleger der Ruhr Nachrichten eröffnete die BDZV-Konferenz Verlagslogistik in Fulda mit einer prägnanten Botschaft. „Journalismus ist nur etwas wert, wenn er auch beim Leser ankommt.“ Und wer dafür sorgt, dass das jeden Morgen gelingt, sind seine 3.500 Zustellerinnen und Zusteller, die er als „unsere Markenbotschafter“ bezeichnete.

BDZV-Ressortvorstand Lambert Lensing-Wolff in Fulda bei der Logistikkonferenz am Rednerpult
BDZV/Gourd BDZV-Ressortvorstand Lambert Lensing-Wolff in Fulda: "Zustellerinnen und Zusteller sind unsere Markenbotschafter."

Lensing-Wolff sprach über die Kraft starker Marken und über die emotionale Bindung, die gedruckte Zeitungen nach wie vor erzeugen. Gleichzeitig machte er deutlich, dass Logistik und Lesermarkt längst keine getrennten Welten mehr sind. „Wir brauchen einen engen Schulterschluss zwischen Logistik und Lesermarkt“, betonte er. „Jeder Haushalt muss künftig gemeinsam betrachtet werden.“

Dieser Gedanke prägte die Veranstaltung. Früh war klar, dass die Konferenz mehr ist als ein Treffen von rund 120 Logistikern. Sie wurde zum Beispiel für vernetztes und positiv zukunftsgewandtes Denken.

Fulda als Brennglas der Branche

Für Haldun Tuncay, Geschäftsführer der Mediengruppe Parzeller, passt Fulda perfekt zur Branche: verbindend, zentral, mitten in Bewegung. Gemeinsam mit Tobias Röder zeigte er, wie anspruchsvoll Zustellung für einen Regionalverlag im ländlichen Gebiet ist. Schnee in der Rhön, 180 Stopps pro Tour, hohe Kosten, enormer Aufwand bei der Personalgewinnung. „Recruiting ist enorm wichtig“, sagte Röder. Zwei Personen arbeiten bei ihm ausschließlich daran, neue Zusteller zu finden und zu halten. Ein offener Einblick in ein System, das täglich Höchstleistung liefert und gleichzeitig unter Druck steht.

Mit Frank Jansen und Jan Philip Neubüser von der Funke Mediengruppe wechselte die Perspektive. Ihr Target Operating Model 2030 beschreibt eine Strategie, in der Print effizienter wird, Digital stärker trägt und beides sich nicht ausschließt, sondern bedingt. Der Rückgang der Printauflage werde nicht mehr als sorgenvolle Botschaft verkündet, so Neubüser, sondern als Teil eines Konzepts. „Wir wollen unseren Journalismus künftig rein aus digitalen Erlösen finanzieren“, sagt Neubüser. 2030 sollen Print, E-Paper und Paid Content gleich stark sein. Und: Print bleibt, solange es wirtschaftlich möglich ist.

Briefe, Daten, Software: Die letzte Meile wird smarter

Dass ehrliche Kundenkommunikation entscheidend ist, zeigte die Diskussion über private Briefdienstleister. Jörg Kosel von Citipost Hannover und Markus Jenichen von der Ergo Group machten deutlich, dass die Qualität der Zustellung und ein klares Erwartungsmanagement wichtiger sind als starre Modelle. Zustelltage könnten flexibler werden, Laufzeiten ebenso.

Technologisch ging es mit Florian Jungmeier von P2 weiter. Sein Ansatz mit der „Real Time Last Mile Technologie“: Unsichtbare Tags, WiFi-Mapping und Echtzeitdaten sollen helfen, Zustellwege sichtbar und nachvollziehbar zu machen. „Wissen Sie überhaupt, wie Ihr Zusteller morgens läuft?“, fragte er in den Saal. Diese Art von Transparenz, so seine These, ist der Schlüssel, wenn Verlage mit der Zeitungszustellung auch erfolgreich Briefe ausliefern wollen. Die Technologie liefere das Puzzlestück, das bisher fehlte: die Zustellbestätigung.

Unwirtschaftliche Abos umwandeln

In die Nachmittags-Session brachte Markus Bohl Energie und Tempo. Unter dem Motto „Wir lieben Logistik – vor allem, wenn sie gut funktioniert“ zeigte Berater Markus Bohl, wie eng Lesermarkt, Controlling, GIS-Teams und Logistik künftig zusammenspielen müssen. Sein Modell #TheWay2DB kombiniert den Neuzuschnitt von Zustellbezirken mit einem Abo-Score, der jedes einzelne Printabo und jede Adresse individuell bewertet – von unrentabel bis zur profitablen Zustellung.

Stefan Kulla und Beran Kiyak vom Verlag Nürnberger Presse und Torben Krebs von den Ruhr-Nachrichten, die Teilnehmer des Projektes waren, betonten übereinstimmend: „Für den Erfolg eines solchen Modells brauchen Logistiker die Vernetzung mit allen Abteilungen des Verlags, vor allem mit dem Lesermarkt.“

Noch praxisnäher wurde es beim Last Mile Optimization Score der Nordwest Mediengruppe. Geschäftsführer Jan Fitzner brachte es schlicht auf den Punkt: „Wir haben aus 1.704 unwirtschaftlichen 1.300 wirtschaftliche Abonnements gemacht.“ Eine Wandlungsquote von 75 Prozent, die nur möglich war, weil Lesermarkt und Logistik an gemeinsamen Kennzahlen arbeiteten. Das Ziel: Print dort stärken, wo der Deckungsbeitrag höher ist als mit Digital. Und parallel die Transformation dort beschleunigen, wo digitale Produkte wirtschaftlicher sind.

Spannend war auch der Blick nach Ulm. Michaela Butz und Christian Testa zeigten, welche enorme Wirkung der passende Verkehrsmittelmix hat. Vom Roller bis zum Auto hat die Logistik der Südwest Presse getestet, was Zeit spart und was Kosten frisst. Die Feldstudie in 47 Bezirken und mit 17 verschiedenen Zustellern brachte verblüffende Effizienzgewinne und Einsparungen. Ihr Fazit: Geografische Optimierung ist nur der Anfang, nachhaltige Strategien entstehen erst durch die Wahl der richtigen Fahrzeuge.

Die Branche rückt zusammen

Moderator Christian Eggert, Leiter Verlagswirtschaft beim BDZV, führte als Gastgeber durch den Tag. Er bewies das richtige Gespür, wann der nächste Gang kommen muss – und so freuten sich die Anwesenden über ein schmackhaftes Menü. „Mir hat’s geschmeckt“, stand in den Gesichtern der Anwesenden. Jürgen Baldewein, Sprecher der AG Logistik, bestätigte das in seinem Fazit: „Heute wurde deutlich, dass die erfolgreiche Zustellung zunehmend als gemeinschaftliche Aufgabe von Verlag, Lesermarkt und Logistik verstanden wird. Eine Überzeugung, für die sich die Mitglieder der AG Logistik seit Jahren einsetzen.“ Wichtig sei es jetzt, diese Überzeugung weiterzutragen.

Die BDZV-Konferenz hat gezeigt, dass Logistik nicht mehr der stille Lastenträger ist, sondern ein zentraler Baustein im Zusammenspiel der Verlage. Wer Fulda an diesem Abend verließ, nahm das Gefühl mit, dass die Branche nicht nur Herausforderungen teilt, sondern auch neue Wege findet.