„Wir gehen davon aus, dass wir zügig zu neuen Lösungen kommen“

Meedia-Interview von Gregory Lipinski

Im Interview mit dem Medien-Branchendienst Meedia pochen die beiden BDZV-Vorstandsvorsitzenden Stefan Hilscher und Matthias Ditzen-Blanke auf die Zusagen der Bundesregierung zur Presseförderung und drängen auf schnelle und wirkungsvolle Maßnahmen zur Sicherung der Zeitungsvielfalt.

Matthias-Ditzen-Blanke und Stefan Hilscher
BDZV/Zumbansen

Meedia: Herr Hilscher, die Ampel-Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz hatte versprochen, den Verlagen bei der Zeitungszustellung finanziell unter die Arme zu greifen. Nun das endgültige Aus. Auch in der Bereinigungssitzung zum Haushalt 2024 hat sich der Bund nicht bewegt. Fühlen Sie sich von der Regierung hintergangen?

Hilscher: Trotz Zusagen der Spitzen aller Regierungsparteien und aus der Bundesregierung sind keine Mittel für den Erhalt der Presselandschaft bereitgestellt worden. Sicher möchte die Ampel ihr Wort nicht brechen. Deshalb gehen wir davon aus, dass wir nun zügig zu neuen Lösungen kommen.

Frage: Herr Hilscher, Führt die fehlende Unterstützung nun dazu, dass immer mehr Verlage die Zustellung von gedruckten Zeitungen einstellen müssen?

Hilscher: Wie Sie wissen, wurde in den vergangenen Monaten bei einzelnen Titeln teils oder gebietsweise sogar vollständig die Zustellung der gedruckten Ausgabe eingestellt. Das werden keine Einzelfälle bleiben. Angesichts dessen ist klar: Die Förderung muss schnell kommen.

 

Frage: Herr Ditzen-Blanke, drohen noch mehr weiße Flecken, vor allem im ländlichen Raum, weil die Zustellung von gedruckten Publikationen für die Verlage aus wirtschaftlichen Gründen kaum noch zu stemmen ist?

Ditzen-Blanke: Mit hohen Investments der Verlage gelingt es, einen Teil der Leser auf reine Digitalangebote zu lenken. Ein namhafter Teil verzichtet aber leider bei Wegfall der Zustellung ganz auf die Zeitung und nutzt keine digitalen Medienangebote. Wir hören, dass dort, wo Zeitungen sich zurückziehen, Printprodukte fragwürdiger Anbieter an Relevanz gewinnen. Das ist ohne Frage eine politisch und gesellschaftlich gefährliche Entwicklung für unsere Demokratie.

Herr Ditzen-Blanke, befürchten Sie, dass die wirtschaftliche Existenz kleiner und mittlerer Verlage gefährdet ist?

Ditzen-Blanke: Die Kostenexplosion der letzten beiden Jahre trifft alle Verlage gleichermaßen. Eine unterschiedliche Gefährdung nach Größenklassen sehen wir nicht.  

Herr Hilscher, zuletzt gab es Vorschläge, die Mehrwertsteuer auf gedruckte Presseprodukte auf null zu senken: Wäre das eine Alternative, um die Verlage zu entlasten? Oder sehen Sie andere Möglichkeiten?

Hilscher: Wir werden umgehend mit der Bundesregierung darüber sprechen, welche Maßnahmen zielführend sind, damit Presse in Deutschland für die Menschen überall verfügbar und erschwinglich bleibt. Ganz grundsätzlich stellt sich aber natürlich die Frage, warum in Deutschland überhaupt Mehrwertsteuer auf Nachrichten und Information bezahlt werden muss, zumal der öffentlich-rechtliche Rundfunk beispielsweise nicht mit einer Mehrwertsteuer belastet wird. Viele unserer Nachbarn in Europa sind da schon deutlich weiter, sowohl, was die Presseförderung, als auch, was die Mehrwertsteuer angeht.