Künstliche Intelligenz strenger regulieren, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärker beschränken und den EMFA überarbeiten

Wiener Erklärung: Deutschsprachige Verlegerverbände verabschieden gemeinsamen Forderungskatalog

Aktuelle Themen wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk, Chancen und Herausforderungen von Künstlicher Intelligenz (KI) sowie medienrechtliche Entwicklungen auf europäischer Ebene standen im Mittelpunkt des traditionellen Präsidientreffens der deutschsprachigen Verlegerverbände, zu dem der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) am 30. und 31. März nach Wien eigeladen hatte.

Das Treffen nahmen die Vertreterinnen und Vertreter der Verlegerorganisationen zum Anlass, um einen gemeinsamen Forderungskatalog zu verabschieden: In der „Wiener Erklärung“ sprachen sich BDZV, VÖZ, SCHWEIZER MEDIEN für eine wirksamere Regulierung des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz in den Medien, strengere Regeln für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zum Erhalt der Medienvielfalt sowie eine grundlegende Reparatur des Entwurfs für den European Media Freedom Act (EMFA) aus.

Katharina Schiffl Valdo Lehrari jr., BDZV-Vizepräsident, Andrea Masüger, Präsident des Verlegerverbands SCHWEIZER MEDIEN, Markus Mair, Präsident des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und BDZV-Vizepräsident Christian DuMont Schütte (v. li.).

Künstliche Intelligenz: Urheberrechte schützen und globale Desinformation bekämpfen

Für die deutschsprachigen Verlegerverbände ist die generative Künstliche Intelligenz zweifellos eine faszinierende Entwicklung. Allerdings stellt sie ohne konsequente Regulierung eine große Gefahr für unsere demokratischen Gesellschaften dar, so die Verlegervertreter. Insbesondere für die journalistische Arbeit, wie sie von Medien verlegerischer Herkunft bereitgestellt wird, als Quelle für diese Technologie berge Künstliche Intelligenz auch Risiken, so Andrea Masüger, Präsident des Verlegerverbands SCHWEIZER MEDIEN: „Es muss sichergestellt sein, dass Künstliche Intelligenz auf keinen Fall die Leistungen der Verlage und Redaktionen ausbeutet, denn das würde das Ende des Journalismus, wie wir ihn heute kennen, bedeuten.“

Vor diesem Hintergrund sprachen sich die Verlegerverbände in Wien für eine angemessene Entschädigung für Medien aus, wenn ihre Inhalte von Chatbots und anderen Anwendungen Künstlicher Intelligenz genutzt werden. „Es darf keine Nutzung von Medieninhalten ohne entsprechende Lizenzierung resp. Vergütung erlaubt sein. Nur so können Urheberrechte gewahrt und die Verbreitung von Desinformation verhindert werden“, betont Masüger.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: „Es braucht mehr Beschränkungen“

Auch die Rechte und Pflichten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wurden im Zuge des Präsidientreffens diskutiert. Die Vertreterinnen und Vertreter der Verlegerverbände sehen durch das stetige Ausdehnen des digitalen Angebots der Öffentlich-Rechtlichen die Grundlage des privatwirtschaftlichen Qualitätsjournalismus nachweislich in Gefahr und fordern in diesem Zusammenhang eine wirkungsvolle und langfristige Beschränkung gebührenfinanzierter Publikationen. Zudem sollen die öffentlich-rechtlichen Anbieter wieder vermehrt auf das Bereitstellen audiovisueller Inhalte konzentrieren, so die Verlegervertreter.

VÖZ-Präsident Markus Mair sprach sich am Beispiel von ORF.at für eine erhebliche Reduktion des Textangebots aus. „Wir wissen, dass das Webangebot von ORF.at eigentlich laut EU-Vorgaben eine Überblicksberichterstattung bieten müsste und keinerlei Zeitungsähnlichkeit aufweisen dürfte. Die Realität sieht jedoch deutlich anders aus und widerspricht somit diesen gesetzlichen Vorgaben“, erläuterte Mair. „Die Beschränkungen sind also jedenfalls zu präzisieren und auch zu verschärfen, weil es sonst zu bedrohlichen Einschnitten bei der Medienvielfalt in Österreich kommt.“ Dazu zähle auch, machte der VÖZ-Präsident deutlich, eine Rücknahme der Social-Media-Aktivitäten sowie eine wirkungsvolle und nachhaltige Beschränkung im Werbebereich, damit der öffentlich-rechtliche Charakter der Angebote nicht beschädigt werde und das Gleichgewicht im dualen System wiederhergestellt werden könne.

Der Austausch mit den übrigen deutschsprachigen Vertretern der privaten Medien habe gezeigt, resümierte Mair, dass in allen Ländern ähnliche Probleme bestünden. Diese würden durch den Ausbau digitaler Geschäftsmodelle verschärft. „Wir fordern von den Regierungen unserer Länder: Machen Sie es möglich, dass private Medien auch im digitalen Kontext existieren können.“

EMFA: Maßnahmen auf Eignung überprüfen

Der European Media Freedom Act (EMFA) zielt auf die unionsrechtliche Regulierung von Aspekten der redaktionellen Arbeit von Medien ab. Dabei sind die Ziele des EMFA richtig und unterstützenswert, stellen Pressefreiheit und Medienvielfalt doch die Grundpfeiler der Demokratie dar. Allerdings befürchten die deutschsprachigen Verleger, dass die bestehenden und gut funktionierenden Medienordnungen in ihren jeweiligen Ländern dadurch untergraben werden könnten. Aus diesem Grund fordern die Verleger die EU-Kommission auf, den EMFA grundlegend zu verbessern, denn sie verfüge bereits heute über ausreichend Instrumente, um gegen mangelnde Pressefreiheit in einzelnen Mitgliedstaaten vorzugehen.

„Alle Maßnahmen des EMFA müssen im gerade laufenden Gesetzgebungsverfahren auf ihre Eignung überprüft werden“, sagte Valdo Lehari jr., Vizepräsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sowie Past- und Vizepräsident der European Newspaper Publishers' Association (ENPA): „Der aktuelle Entwurf des EMFA ist der falsche Weg. In Ländern, in denen heute die Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit mächtig unter Druck stehen, wird er nichts verbessern. Vielmehr drohen in den anderen Mitgliedsstaaten Kollateralschäden, wo die Pressefreiheit tagtäglich gelebt wird und funktioniert.“ Die Verlegerverbände forderten daher: “Die Zuständigkeit für die inhaltliche Medienregulierung muss Sache der Mitgliedsstaaten bleiben.“