Lokaljournalismus und Demokratie

Dass Lokaljournalismus und Demokratie viel miteinander zu tun haben, ist eigentlich eine Binsenweisheit. Und doch lohnt es sich, die Zusammenhänge genauer zu erforschen. Das ist auch der Hintergrund einer Studie, die die Medienwissenschaftlerin Prof. Wiebke Möhring (Dortmund) bei den Medientagen München in Auszügen vorstellte. Danach nutzen vier von fünf Bewohnern in Deutschland mindestens einmal pro Woche ein lokaljournalistisches Angebot. Gut die Hälfte tut dies fast täglich. Nach Alter betrachtet, sind junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren mit 31 Prozent am wenigsten lokal interessiert, die 50- bis 69-Jährigen und die über 70-Jährigen hingegen informieren sich deutlich häufiger über lokale Nachrichten (60 Prozent/78 Prozent).

Podiumsdiskussion mit Experten aus Journalismus und Medien über die Bedeutung des Lokaljournalismus als demokratische Instanz. Im Hintergrund eine Präsentation mit dem Thema und bunte grafische Elemente. Publikum verfolgt aufmerksam die Diskussion.
Medien.Bayern GmbH Wie wichtig lokaler Journalismus für die Information vor Ort, Gemeinschaft und Teilhabe ist, unterstrich die Podiumsdiskussion auf den Medientagen München, u.a. mit Peter Müller, Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen und Markus Knall, Chefredakteur Ippen Media.

Die indirekte Nutzung lokaljournalistischer Angebote mittels Blogs oder Social Media ist in den jüngeren Altersgruppen deutlich größer (14 - 29 Jahre: 26 Prozent; 30 - 49 Jahre: 23 Prozent), während die höheren Altersgruppen eher auf direkte Quellen wie Lokalzeitung, Lokalradio, TV oder Newsletter zurückgreifen (50 - 69 Jahre: 30 Prozent; 70+ Jahre: 28 Prozent). Gut die Hälfte der Befragten (55 Prozent) gibt an, sich künftig über Social Media lokal informieren zu wollen.

Wie sehr Lokaljournalismus demokratische Öffentlichkeit ermöglicht, zeigen die Zustimmungswerte zu den Punkten Information, Gemeinschaft & Integration, Partizipation sowie Kritik & Kontrolle. Die Zustimmungswerte lagen hoch zu den folgenden Aussagen: Ich möchte wissen, was in meiner direkten Umgebung passiert (85 Prozent); Lokale Medien vermitteln mir ein Gefühl der Verbundenheit mit meiner Region (62 Prozent); Lokale Medien liefern Wissen, um mich vor Ort einbringen zu können (60 Prozent); Lokale Medien berichten auch kritisch über Entwicklungen oder Entscheidungen vor Ort (59 Prozent). Im Vergleich mit Medien allgemein, lokaler oder Bundespolitik liegt das Vertrauen in lokale und regionale Medien an der Spitze.

Die Einblicke bei den Medientagen waren gleichsam ein Sneak Peak, offiziell wird die Studie erst am 18. November vorgestellt.

Auf die naheliegende Frage im anschließenden Panel, ob angesichts dieser Werte lokaljournalistische Angebote von der Regierung gefördert werden sollten, stellte Peter Müller, Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen, fest, dass Jammern nichts nutze. "Es nutzt nicht, nach dem Staat zu rufen." Mit Blick auf die Studie solle der Staat aber dafür sorgen, "dass es Augenhöhe gibt". Peter Müller: "Ich hafte als Chefredakteur für die Richtigkeit jedes Satzes, jeder Zeile, die wir veröffentlichen. Die großen Plattformen müssen das nicht." Daher begrüße er auch die Idee eines Plattformsolis.

Der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Dr. Thorsten Schmiege, bestätigte: "Ein Level Playing Field ist wichtig." Die Watchdog-Funktion lokaler Medien sei wichtig für die Demokratie. Zugleich bildeten lokale Medien die "Plattform für jeden, der sich engagieren will".

Markus Knall, Chefredakteur Ippen Digital (München), forderte aber auch Bewegung in den Medienhäusern: "Der Lokaljournalismus muss sich ändern. Die Rahmenbedingungen sind heute anders als vor 50 Jahren." Lokaljournalismus müsse jünger, frischer, digitaler, weiblicher werden. Knalls zentrale Frage: "Welche Geschichte erzählen wir? Wenn wir 'Party machen', sind heute vielleicht weniger dabei als früher, aber unsere muss die coolste sein."