Medienkompetenzinitiative #UseTheNews fordert in „Hamburger Erklärung“ mehr Einsatz von der Politik

Angesichts der Gefahren durch Desinformation hat die Nachrichtenkompetenzinitiative #UseTheNews größere Anstrengungen gefordert, die im Grundgesetz garantierte Presse- und Meinungsfreiheit zu stärken. Eine entsprechende Erklärung unterzeichneten Julia Becker (Funke Mediengruppe), Carsten Brosda (Senator für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg), Kai Gniffke (ARD-Vorsitzender und SWR-Intendant) und Peter Kropsch (dpa) stellvertretend für das Kuratorium der Initiative am Rande des Hamburger Mediendialogs.

dpa / Georg Wendt Unterzeichnung der "Hamburger Erklärung" der Initiative #UseTheNews. Im Bild (v.l.n.r.): Peter Kropsch (Vorsitzender der dpa-Geschäftsführung), Dr. Carsten Brosda (Senator für Kultur und Medien Hamburg), Julia Becker (Aufsichtsratvorsitzende und Verlegerin FUNKE Mediengruppe) und Prof Dr. Kai Gniffke (ARD-Vorsitzender und SWR-Intendant).

#UseTheNews hatte unter Bezug auf den 75. Jahrestag des Grundgesetzes ein "Jahr der Nachricht" ausgerufen. Zahlreiche Newscamps, das Angebot "Social News Daily", Kooperationen mit Schulen sowie eine weitreichende Kommunikationskampagne bilden 2024 zusammen mit der Hamburger Erklärung die Schwerpunkte. Der BDZV unterstützt die Initiative und ist Gründungsmitglied von #UseTheNews.

Sigrun Albert, BDZV-Hauptgeschäftsführerin: „Die in unserem Grundgesetz verankerte Pressefreiheit bedeutet für uns auch Verantwortung: für verlässliche Nachrichten, wahrhaftige Information, vertrauenswürdigen Journalismus. Das lösen die im BDZV engagierten Medienunternehmen tagtäglich ein und sichern damit das Fundament unserer freien, demokratischen Gesellschaft. Zur Verantwortung der Politik gehört es, einen Rahmen zu setzen, der das auch zukünftig möglich macht.“

Die „Hamburger Erklärung“ von #UseTheNews im Wortlaut:

„Die informierte Gesellschaft verteidigen, die digitale Öffentlichkeit stärken

75 Jahre nach Inkrafttreten unseres Grundgesetzes treibt viele Menschen die Sorge um, dass unsere Demokratie stärker bedroht ist als je zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Demokratie manifestiert sich im Willen einer Gesellschaft, sich selbst zu regieren, indem sie in fairer Weise Lösungen diskutiert, Kompromisse sucht und Mehrheiten findet, ohne Minderheiten auszugrenzen. Der Zugang zu verlässlichen Informationen ist die Grundlage hierfür. Der Artikel 5 des Grundgesetzes zur Medien- und Meinungsfreiheit garantiert so das demokratische Gespräch einer Gesellschaft.

Wir, das Kuratorium der Nachrichtenkompetenz-Initiative #UseTheNews, sind in Sorge um diese Grundlage unseres Gemeinwesens. Diskussionen leben von unterschiedlichen Meinungen über unbestreitbare Fakten. Wenn aber das Vertrauen in die Medien- und Meinungsfreiheit schwindet und die gemeinsame Faktenbasis erodiert, geraten politische Meinungsbildung und das demokratische Streitgespräch in Gefahr.

Die dramatische Zunahme von Desinformation erschüttert das Vertrauen in die demokratische Öffentlichkeit. Teile der Bevölkerung entfremden sich von den Informationsmedien, und gerade junge Menschen können oft nicht erkennen, welche Bedeutung Nachrichten für sie haben sollen - und welchen sie überhaupt trauen können.

Freien und starken Medien kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, mit verlässlichen Fakten und Nachrichten eine solide Meinungsbildung und den demokratischen Austausch zu ermöglichen. Wir nehmen unsere Verantwortung für eine starke digitale Öffentlichkeit ernst und erklären unseren Willen,

  • uns für Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt einzusetzen,
  • das Bewusstsein für Gefahren der Desinformation zu schärfen,
  • Journalismus als eine Information sichernde und Orientierung schaffende Moderation gesellschaftlicher Kommunikation zu verstehen und zu gewährleisten,
  • Medien- und Nachrichtenkompetenz vor allem bei jungen Menschen zu stärken,
  • die veränderten Bedürfnisse der jungen Menschen ernst zu nehmen und gemeinsam mit ihnen neue, vor allem digitale Informationsformen und -angebote zu entwickeln,
  • das Vertrauen in journalistische Nachrichten zu fördern,
  • neue Foren für das gesellschaftliche Gespräch und Angebote der aktiven Beteiligung zu entwickeln,
  • die Wege in den Journalismus zu erleichtern und die Ausbildung zu modernisieren, damit der Journalismus auch in einer künftigen digitalen Öffentlichkeit seiner besonderen Rolle gerecht werden kann.

Die Vielfalt der Meinungen entspricht der Vielfalt der Gesellschaft. Als Journalismus getarnten Aktivismus lehnen wir ab.

Die Abwehr gezielter Desinformation ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die deutlich größere Anstrengungen erfordert als bisher:

  • Im Sinne einer wehrhaften Demokratie sind wir alle aufgerufen, die Widerstandskräfte in der Gesellschaft gegen Desinformation zu stärken.
  • Die wirtschaftlichen Grundlagen redaktioneller Medienangebote müssen regulatorisch und ordnungspolitisch gesichert werden, wenn wir dauerhaft journalistische Berichterstattung sicherstellen wollen.
  • Informations- bzw. Nachrichtenkompetenz muss auf Bundes- und Landesebene insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen dringend gefördert werden. Schulen bieten unseres Erachtens eine zentrale Möglichkeit, die entsprechenden Inhalte und Kompetenzen zu vermitteln.
  • Wir sehen die digitalen Plattformen im Kampf gegen die Verbreitung von Desinformation und den daraus entstehenden Gefahren für unsere Demokratie in einer zentralen Verantwortung. Wir teilen die Sicht vieler Expertinnen und Experten, dass die bisherigen Vorgaben des Digital Services Act (DSA) nicht ausreichen.
  • Wir verbinden mit Künstlicher Intelligenz (KI) die Hoffnung auf neue Zugänge zu Informationen, die Chancen auf Bildung und Teilhabe verbessern. Von einer klugen Regulierung hängt es nun ab, ob KI die Reichweite von Desinformation potenziert oder sogar minimiert. Letzteres kann jedoch nur gelingen, wenn große KI-Anbieter für das Training ihrer Anwendungen auf faire Weise mit Medienunternehmen zusammenarbeiten.

Für das Kuratorium

Julia Becker
Dr. Carsten Brosda
Prof. Kai Gniffke
Peter Kropsch“