Thorsten Schmitz und Peter Münch
Kurzbiographie der Nominierten in der Kategorie Reportage 2025
Thorsten Schmitz, Jahrgang 1966, Absolvent der Deutschen Journalistenschule in München, stammt aus Frankfurt am Main und ist seit über zwanzig Jahren Reporter der Seite Drei und des SZ-Dossiers „Buch Zwei“. Zwischen 1998 und 2009 berichtete er als Israel-Korrespondent der SZ aus dem Nahen Osten. Für seine Texte wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2021 mit dem Reporterpreis. Zudem war er mehrfach für den Theodor-Wolff-Preis und den Egon-Erwin-Kisch-Preis nominiert.
Peter Münch, Jahrgang 1960, hat 35 Jahre lang für die Süddeutsche Zeitung gearbeitet und aus Krisengebieten wie dem Balkan, Afghanistan und dem Nahen Osten berichtet. Ein paar Jahre lang leitete er das Ressort Seite Drei, viele Jahre lang lebte er als Korrespondent in Israel (bis Ende 2024). In Buchform erschienen sind ein Jugendroman über den Krieg in Bosnien, eine Reportagensammlung aus Pakistan und Afghanistan sowie Reise-Geschichten aus Israel. Seit dem Frühjahr 2025 ist er im Ruhestand.

Im Interview
Thorsten Schmitz
Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Weil ich fließend Hebräisch spreche und lese, hatte ich im israelischen Fernsehen von Familie Levy erfahren. Das Schicksal der Familie Levy hatte mich sehr berührt, ich wollte darüber schreiben, wie Almog, der zweijährige Sohn, jetzt ohne seine Eltern lebt. Bis die Eltern und die Brüder von Or Levy bereit waren, mit einer deutschen Zeitung zu reden, mich zu treffen, vergingen viele Wochen, in denen wir telefoniert und gemailt haben. Ich habe dann Or Levys Bruder Tal mehrmals in Tel Aviv getroffen, die Eltern von Or Levy einmal. Michal Levy habe ich ihn einem Zoomcall gesprochen.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Die größte Herausforderung war, die Familienangehörigen von Or Levy nicht zu bedrängen, ich habe es ihnen überlassen, wann und wo wir uns getroffen haben, und ich habe ihnen zu verstehen gegeben, dass ich mir alle Zeit der Welt nehmen werde für die Gespräche. Und wenn sie geweint haben, habe ich sie weinen lassen. Unterstützt hat mich bei der Vermittlung zu der Familie eine israelische NGO, die sich um Angehörige von Entführten und Getöteten kümmert. Die Leiterin dieser NGO hat mit mir viele Vorgespräche geführt, sie wollte herausfinden, welche Art von Reportage ich machen möchte.
Was macht für Sie persönlich guten Journalismus und einen herausragenden Artikel aus?
Guter Journalismus ist für mich, wenn Reporterinnen und Reporter unvoreingenommen Realitäten beschreiben. Herausragende Artikel sind für mich die, bei denen ich weine, zusammenzucken, wütend werde, Empathie empfinde – also Artikel, die mich und mein Herz berühren.
Was erwarten Sie von der Preisverleihung?
Ich wünsche Peter Münch und mir natürlich, dass wir mit unseren beiden Artikeln, die die Realität ein Jahr nach dem Hamas-Massaker widerspiegeln,ausgezeichnet werden. Und einen anregenden Abend natürlich auch!
Peter Münch
Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Zum Jahrestag des Hamas-Terrorüberfalls auf Israel am 7. Oktober wollten wir zeigen, welches Leid dieser schicksalhafte Tag den Menschen auf beiden Seiten gebracht hat, Israelis und Palästinensern, aufgezeigt an jeweils einer Familie. Mein Kollege Thorsten Schmitz kam dazu nach Israel, ich habe mich als dortiger Korrespondent der palästinensischen Seite angenommen – und mich dabei auf einen umfassenden Whatsapp-Chat mit Nor Abu Khater konzentriert, einer alleinerziehenden Mutter, die mit ihren drei Kindern im südlichen Gazastreifen wohnt und von ihrem Leben im Krieg und dem Grauen in Gaza berichtet.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Seit Kriegsbeginn ist der Gazastreifen abgeriegelt und, anders als in vorherigen Kriegen, auch für Journalisten gesperrt. Mangels eigener Anschauung ist man also darauf angewiesen, was herausdringt aus dem Kriegsgebiet – und das ist bruchstückhaft und oft interessegeleitet. Der über den Zeitraum eines ganzen Jahres geführte Whatsapp-Chat mit der Protagonistin Nor Abu Khater war eine Möglichkeit, dennoch Authentizität zu schaffen: in Protokollform, mit Einordnung in den größeren Kontext. Was überprüft werden konnte, wurde überprüft. Der Rest ist Erfahrung (ich kenne den Gazastreifen gut aus vielen vorherigen Besuchen) und Vertrauen, und das ist groß, weil ich Nor Abu Khater seit mehr als zehn Jahren kenne und das Leben ihrer Familie im Gazastreifen begleitete. Daraus ist eine freundschaftliche Verbindung entstanden, die natürlich auch im Artikel offengelegt wurde.
Wie wurden Sie unterstützt?
Bei der Recherche, auch in Kriegsgebieten, ist wohl jeder Reporter meist auf sich allein gestellt. Für die Aufbereitung und Veröffentlichung braucht er eine interessierte, verständnisvolle und professionelle Redaktion, und das ist bei der SZ zum Glück gegeben.
Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Schreiben, was wahr ist – aus möglichst großer Nähe und zugleich mit der gebührenden Distanz, die den Journalisten vom Beteiligten oder Aktivisten unterscheidet.
Was braucht ein herausragender Artikel?
Leser, die das so empfinden.