Helmut Frangenberg und Laura Ostenda
Kurzbiographie der Nominierten in der Kategorie Bestes lokales Digitalprojekt 2025
Helmut Frangenberg, 1966 geboren, arbeitet seit 2005 in der Lokalredaktion des Kölner Stadt-Anzeiger. Seit 2022 ist er an mehreren Audioformaten des Kölner Stadt-Anzeiger beteiligt und verantwortlich für die erfolgreichste Podcastreihe des Kölner Stadt-Anzeiger „True Crime Köln“. Frangenberg hat zwei Romane und acht Sachbücher bei verschiedenen Verlagen geschrieben, darunter Porträts von Kölner Musikern und Karnevalisten. 2024 erschien sein neustes Buch „Köln in Trümmern, True Crime 1944-1949“. Vor Beginn seiner Tätigkeit beim „Kölner Stadt-Anzeiger“ war er jeweils fünf Jahre Redakteur bei Kölnischen Rundschau und bei Radio Köln, wo er auch volontierte. Frangenberg begleitet seit 1982 die Kommunalpolitik in der Stadt Köln, als er neben der Schule erste Erfahrungen als freier Journalist bei einem sublokalen Wochenblatt sammelte. Nach dem Abitur studierte er an der Universität zu Köln Neue und Mittlere Geschichte, Deutsche Philologie und Politikwissenschaften.
Laura Ostenda, 1999 geboren, ist noch am Anfang ihrer journalistischen Karriere. Dass sie das von Kindesbeinen an betriebene Schreiben zu ihrem Beruf machen möchte, war ihr trotz Leidenschaft erst nach einem Praktikum beim Deutschlandradio klar. Nach einem Auslandsaufenthalt als Au-pair in Paris begab sie sich zunächst in die Welt der Paragrafen, bevor sie ihren Platz im Literatur-und Politikwissenschaftsstudium fand. Nach Arbeit beim Fernsehen (WDR), und Hörfunk (Uniradio Bonn und DLF), arbeitet sie aktuell an einer Schnittstelle zwischen Zeitung und Audioinhalten und bahnt sich ihren Weg zum Volontariat. Auch der erste Roman ist in Arbeit.

Im Interview
Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Helmut Frangenberg: Bei der Recherche von Fällen für die Podcast-Reihe „True Crime Köln“ wurde schnell klar, dass der Anschlag auf die Kölner Oberbürgermeisterin im Vorfeld ihrer Wahl nicht in einer Folge abgehandelt werden konnte. Durch Berichte von anderen Kommunalpolitikern und Politikerinnen, vor allem die nachdrücklichen Schilderungen des Bürgermeisters von Kölns Nachbarkommune Bedburg, war klar, dass man es mit einem grundsätzlichen Problem zu tun hat: Die Verrohung der politischen Auseinandersetzung und die zunehmende Gewaltbereitschaft führen nicht nur zu Anschlägen wie im Falle von Henriette Reker und dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Sie beeinflussen auch die politische Kultur im Land: Beleidigungen und Bedrohungen von Politikerinnen und Politikern lassen viele über ihr Engagement nachdenken. Experten sprechen von einer Gefährdung der Demokratie.
Ausgangspunkt für alle weiteren Recherchen war ein ausführliches Interview mit der Kölner Oberbürgermeisterin. Im Gespräch mit Henriette Reker wurden Themen und Fragen angerissen, die eine tiefergehende Behandlung nahelegten: Wie verarbeiten Opfer von Anschlägen das Geschehene? Wie stellen sie sich dem Täter? Wie gehen politisch engagierte Menschen mit Beleidigungen und Bedrohungen um? Bis zu welchem Grad muss man mit Attacken leben? Warum sind offensichtlich weibliche Mandatsträgerinnen in besonderer Weise betroffen? Wie verändert sich die Begegnung von gewählten Interessenvertreterinnen und -vertretern mit denen, die sie vertreten wollen und sollen? Welche strukturellen Änderungen sind nötig, um vor allem ehrenamtlich Tätige zu schützen und in schwierigen Situationen beizustehen, damit sie nicht aufgeben? Wie radikalisiert sich ein mutmaßlicher Einzeltäter? Welche äußeren Faktoren befördern die Radikalisierung?
Diesen und vielen weiteren Fragen sollte nachgegangen werden – mit von Gewalt und Anfeindungen Betroffenen, Mandatsträgern und -trägerinnen auf lokaler Ebene sowie mit Experten und Expertinnen aus den Bereichen Extremismusforschung, Opferschutz, Psychologie, Justiz und Politikwissenschaften.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie?
Laura Ostenda: Mit Betroffenen über ein rechtsextremes Attentat zu sprechen, bei dem fast die zukünftige Oberbürgermeisterin ums Leben gekommen ist, ist eine wackelige Angelegenheit. Wer kann und möchte nochmal über diese traumatische Erfahrung sprechen? Auch die eigene Gefährdungssituation als Lokalpolitiker zu teilen, das wollten nicht viele. Die FDP-Politikerin Katja Hoyer, die auch bei dem Attentat dabei war, hat im Zuge dieses Projekts zum ersten Mal öffentlich über diesen Tag gesprochen, das war ein sehr bewegendes Gespräch. Die Zu- und Absagen von Interviewpartnerinnen und -partnern beeinflussen den Inhalt und damit die Struktur der Folgen maßgeblich. Wir mussten also oft umstrukturieren, um am Ende des Projekts alle aufgeworfenen Fragen und verschiedenen Perspektiven wieder zusammenzuführen.
Wie wurden Sie unterstützt?
Helmut Frangenberg: Ein solch aufwendiges Projekt setzt voraus, dass von der Redaktion Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Zeit für Recherchen und Gespräche jenseits der tagesaktuellen Berichterstattung ermöglichen. Dafür hat der damals in der Chefredaktion zuständige stellvertretende Chefredakteur Marti Dowideit gesorgt. Zum Gelingen hat natürlich auch beigetraten, dass wir Kollegen Tim Stinauer und Hendrik Pusch sowie die Ex-Kollegin Claudia Hauser aus der Lokalredaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“, die über das Attentat und den Prozess gegen den Attentäter berichtet haben, mit Interviews einbinden konnten.
Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Laura Ostenda: Hingabe und Genauigkeit, das heißt beispielsweise nachfragen, bis die Details einer Geschichte erzählbar werden. Das sollte immer mit der nötigen Ehrlichkeit getan werden, vor allem sich selbst gegenüber. Die eigenen Annahmen müssen wir fortlaufend hinterfragen. Und last but not least Einfühlungsvermögen gegenüber den Menschen, die ihre Geschichte mit uns teilen und damit auch einen Teil ihrer Selbst offenbaren.
Was erwarten Sie von der Preisverleihung?
Wir freuen uns auf einen anregenden Abend in Berlin und den Austausch mit vielen Kolleginnen und Kollegen.