Presserat rügt 28 Fälle
Der Deutsche Presserat hat in seiner Juni-Sitzung 28 öffentliche Rügen ausgesprochen. Im Fokus standen grobe Verstöße gegen journalistische Grundregeln: Opferschutz, sorgfältige Recherche und die Trennung von Redaktion und Werbung. Besonders häufig betroffen waren Medien der Bild-Gruppe, die in mehreren Fällen gerügt wurden.
Opferschutz verletzt
Mehrfach erschienen Fotos von Opfern schwerer Straftaten – darunter Kinder – ohne Unkenntlichmachung oder Zustimmung der Angehörigen. Bild zeigte bei der Berichterstattung zum Messerangriff in Aschaffenburg ein unverpixeltes Foto eines getöteten zweijährigen Jungen. In einem anderen Fall wurde ein Suizidfall mit persönlichen Briefen und Fotos sensationell ausgeschlachtet. Auch nackte oder hilflose Personen in Notlagen wurden unangemessen abgebildet.
Unsachliche oder vorverurteilende Berichterstattung
Redaktionen erhielten Rügen, weil sie mutmaßliche Täter als „Mörder“ bezeichneten, obwohl keine Schuld festgestellt war. In weiteren Fällen wurden NGOs fälschlich als „verfassungswidrig“ bezeichnet oder pauschal für Protestaktionen verantwortlich gemacht – ohne Belege oder Einordnung. Auch wurde über Klimaaktivisten im Indikativ berichtet, obwohl es sich um einen unbelegten Verdacht handelte.
Täuschende Darstellung und mangelnde Recherche
Grafische Darstellungen, die persönliche Meinungen als objektive Fakten erscheinen ließen, wurden ebenso gerügt wie die Verbreitung gefälschter Zitate oder das Fehlen relevanter Kontexte bei kontroversen Aussagen. In einem Fall wurde einem Betroffenen ein stigmatisierendes Pseudonym zugewiesen, ohne dies deutlich zu machen.
Verstöße gegen Werbetransparenz
Neun Publikationen wurden gerügt, weil vermeintliche Produkttests tatsächlich als Werbung dienten – ohne Kennzeichnung. Auch Interviews mit prominenten Markenbotschafterinnen wurden ohne trennende Hinweise veröffentlicht.
Der Presserat behandelte insgesamt 141 Beschwerden. Neben den 28 Rügen sprach er 26 Missbilligungen und 33 Hinweise aus. 37 Beschwerden wurden als unbegründet zurückgewiesen.
Eine Übersicht aller Rügen veröffentlicht der Presserat hier.