Offener Brief zu KI und zum Schutz der Presse

„Innovation darf nicht auf Kosten menschlicher Kreativität und Kultur gehen.“ Das fordern europäische Verleger- und Journalistenorganisationen in einem offenen Brief an die Leserinnen und Nutzer von Pressemedien in ganz Europa. Das gemeinsame Schreiben von ENPA, EMMA, NME und efj wurde am 5. April veröffentlicht. Hier der Wortlaut in Deutsch:

Synbolbild Künstliche Intelligenz
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"Liebe Leserinnen und Leser,

menschliche Kreativität und Kultur sind die Triebfedern der Innovation, auch der künstlichen Intelligenz. Innovation darf jedoch nicht auf Kosten menschlicher Kreativität und Kultur gehen. Wenn KI-Systeme kreative und kulturelle Online-Inhalte – einschließlich Presseinhalte – ausbeuten, um ihre eigenen Dienste zu finanzieren, profitieren sie ungebührlich von menschlicher Arbeit.

KI stellt die Gesellschaft vor eine doppelte Herausforderung: den Schutz der Grundrechte der Bürger und die Verbindung zwischen den von Menschen geschaffenen Inhalten und den Maschinen, die sie nutzen. Wenn generative KI insbesondere journalistisches und redaktionelles Material nutzt, um parasitäre presseähnliche Inhalte ohne Genehmigung oder Vergütung, zu minimalen Kosten und ohne redaktionelle Aufsicht zu produzieren, verlieren alle.

Wir erleben auch eine beunruhigende Zunahme KI-gestützter Online-Desinformation durch die Erzeugung realistischer, aber irreführender KI-Inhalte, die sich schneller verbreiten, als sie überprüft werden können.

Den derzeitigen nationalen und EU-Rechtsvorschriften fehlt es an soliden Leitplanken, die sicherstellen, dass Urheber und Bürger gleichermaßen von KI-Entwicklungen profitieren, wobei Transparenz, Rechenschaftspflicht und faire Vergütung von entscheidender Bedeutung sind.

Wir sind der festen Überzeugung, dass alle von KI profitieren sollten, auch Bürger und Inhalteanbieter. Schließlich sind professionelle kulturelle und kreative Inhalte der unverzichtbare Rohstoff für die KI-Revolution, ohne den es keine qualitativ hochwertige KI geben kann.

KI kann eine Kraft für das Gute sein, wenn bestimmten Risiken entgegengewirkt wird. Wir fordern die neue Europäische Kommission auf, jetzt zu handeln, um den Wohlstand und die Nachhaltigkeit der europäischen Medien, Kultur und Information sowie die demokratische Gesundheit unserer Gesellschaften zu unterstützen."

Über die Absender: Die Organisationen European Federation of Journalists (EJF), European Magazine Media Association (EMMA), European Newspaper Publishers' Association (ENPA) und News Media Europe (NME) vertreten gemeinsam zehntausende Journalisten sowie Zeitungs- und Zeitschriftenuntrnehmen in ganz Europa. Als führende Stimmen der Branche setzen sie sich unter anderem für die Pressefreiheit, die Nachhaltigkeit der Medien und eine vielfältige, unabhängige Medienlandschaft ein. Sie arbeiten für einen fairen Zugang zu digitalen Plattformen, für Transparenz bei der algorithmischen Verbreitung von Inhalten und für ausgewogene rechtliche Rahmenbedingungen, die eine professionelle Presse und Journalismus im digitalen Zeitalter unterstützen.