Wie die Zeit-Verlagsgruppe Innovation und Wachstum vorantreibt
Die Zukunft der Nachrichtenindustrie ist vielversprechend, meint Rainer Esser und nennt seine Erfolgsfaktoren fürs Zeitungsmachen
„Es hat noch nie so viel Freude gemacht und war gleichzeitig so herausfordernd wie heute, eine gute Zeitung zu machen“. Das sagt einer, der etwas vom Zeitungmachen versteht: Rainer Esser, Geschäftsführer der Zeit-Verlagsgruppe. Mit der Wochenzeitung, 26 Podcasts und 16 Magazinen schreibt das Medienhaus eine Erfolgsgeschichte, „geprägt von Innovation“, wie es über sich selbst sagt.
Wie das geht? Indem Innovation im ganzen Unternehmen gelebt wird, erklärt Rainer Esser den rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der BDZV-Digitalkonferenz beBETA am 11. Juni 2024. „Transformation hört nie auf. Sie ist permanent. Neugier, Neues machen und nach Wachstum streben gehört zu unserer Kultur.“
Silos aufbrechen
Ein essenzieller Teil dieser Kultur ist das Aufbrechen von Silos und der kontinuierliche Austausch zwischen allen Abteilungen. Auch der zwischen Redaktion und Verlagsleitung. „Die besten Ideen kommen immer aus der Redaktion“, sagt Esser. „Ich sage nie einem Redakteur, was er schreiben soll. Wir haben unterschiedliche Kompetenzen und Qualifikationen. Aber die Zusammenarbeit ist wichtig und hat uns gemeinsam weitergebracht“. Gemischte Teams nach Alter, Geschlecht, Herkunft und Abteilung sind dabei unerlässlich.
Dass es bei dem aktuellen Veränderungsdruck auch mal falsche Entscheidungen gebe, sei unerlässlich. Die Worte „Fehler“ und „Ja, aber“ hat die Zeit aber aus ihrem internen Wortschatz verbannt. Auch Jammern ist ein absolutes No-Go. Es gibt keine Fehler, nur Entwicklungen. Getragen vom gemeinsamen Willen in Redaktion und Verlag, die journalistischen Produkte zum Erfolg zu führen und stetig weiterzuentwickeln.
Das Erfolgsrezept: Produkt, Preis, Platzierung
Das Erfolgsrezept von Esser basiert auf drei Säulen: Produkt, Preis und Platzierung. Der redaktionelle Output ist der Dreh- und Angelpunkt. Das Produkt muss gut sein – und es muss zugeschnitten werden auf die Zielgruppen. Da sieht Esser die Zeitungen quasi unter einem Erfolgszwang. „Was wäre unsere Demokratie ohne unsere Zeitungen?“, fragt er rhetorisch und leitet aus Artikel 5 des Grundgesetzes nicht nur die Freiheitsrechte der Presse ab, sondern auch ihre Verpflichtung. „Wir haben die Verantwortung, Plattformen anzubieten, auf denen ein demokratischer Diskurs stattfinden kann.“
Für die unabhängige Presse kann das nur funktionieren, wenn sie mit ihrem Journalismus auch Geld verdient. Obwohl die aktuelle Nachrichtenlage eine „Goldgrube“ für guten Journalismus ist, sei seine Vermarktung nicht einfacher geworden. Das spürt auch die Zeit. Hochwertigen Journalismus zum Dumpingpreis anzubieten, hält Esser aber für den falschen Weg. Er rät den Verlagsverantwortlichen: „Verteidigen Sie den Wert Ihres Journalismus, halten Sie Ihren Preis hoch genug“. Qualitativ hochwertiger Journalismus kostet Geld, und die Branche müsse den Mut haben, ein hohes Preisniveau auch für die digitalen Zugänge zu gut kuratierten Nachrichten zu halten.
Bleibt noch die richtige Platzierung. Das verlangt, dorthin zu gehen, wo sich die Zielgruppen aufhalten. Wenn das für ein bestimmtes Publikum nicht mehr die Zeitung, sondern Social Media und der TikTok-Kanal ist, muss eine Medienmarke eben auch dort präsent sein. Auf allen Kanälen gibt es die Chance, Neues zu entwickeln, meint Esser. „Unsere Branche ist lebensnotwendig für die Demokratie. Technologie bringt endlose neue Möglichkeiten. Denken Sie außerhalb der Box und hauen Sie rein.“