Ein Jahr ChatGPT – und viele offene Fragen

Vor genau einem Jahr wurde ChatGPT der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Seitdem haben weltweit Millionen von Menschen mit dem KI-Textgenerator experimentiert. Das Bewusstsein für das Potenzial, aber auch die Herausforderungen von generativer KI für Meinungsbildung, Journalismus und Gesellschaft ist gewachsen.

Symbolbild ChatGPT
Eklip Studio via Canva Pro

Das ist auch gut so. Für Verlage geht es darum, die neuen Möglichkeiten zu nutzen – und ihr journalistisches Geschäft zugleich vor dem Zugriff der digitalen Plattformen zu schützen. Denn die befinden sich bereits in einem Wettlauf um die besten KI-Chatbots – und darum, ihren meinungsbildenden Einfluss weiter zu zementieren, indem sie unglaubliche Datenmengen aus dem Netz saugen und für ihre KI-Anwendungen nutzen.

Die journalistischen Inhalte der Verlage und letztlich ihre Geschäftsmodelle sind davon massiv betroffen. Es sind schließlich die professionellen Redaktionen, die die medialen Inhalte erstellen. Das Geschäft damit machen aber unter Umständen die Distributionsplattformen. Vor einer solchen reinen „KI-Presse“ hat der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) bereits im Juli 2023 gewarnt: „Die Presse trägt die Kosten für die journalistischen Beiträge, monetarisiert werden diese aber primär durch KI-Anbieter, die die Beiträge für automatisch erstellte Konkurrenzveröffentlichungen verarbeiten“, heißt es in einem Positionspapier von BDZV und MVFP.    

Nach einem Jahr ChatGPT ist daher mehr als deutlich: Es braucht klare gesetzliche Regelungen, um Medienvielfalt zu sichern. Sie betreffen vor allem das Urheberrecht, den Schutz vor Diskriminierung durch Torwächter und eine Kennzeichnungspflicht für rein künstlich erstellte Medieninhalte ohne redaktionelle Verantwortlichkeit. Dass sich die Fehler der Vergangenheit hinsichtlich einer unzureichenden Plattformregulierung hier nicht wiederholen dürfen, betont immer wieder Thomas Höppner, Professor für Wirtschaftsrecht und Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Kartellrecht.

Der Big Tech-Experte hat bereits mehrfach und erfolgreich den Machtmissbrauch durch Apple, Google und Amazon vor Gericht angeprangert und BDZV-Mitgliedsverlagen in Webinaren und Infoveranstaltungen erläutert, dass und wie sie ihre Inhalte vor dem Zugriff der Digitalkonzerne schützen müssen. Er rät zu technischen Vorkehrungen, um Verlagsinhalte vor Scraping, also dem automatischen Auslesen von Informationen einer Website, zu schützen. Und er drängt darauf, dass die rechtlichen Schutzlücken im Urheber-, Leistungsschutz- und Kartellrecht schnell geschlossen werden. Denn das Zeitfenster für eine effektive Regulierung werde sich bald schließen, ist er sich sicher.

Ausführlich dazu der Beitrag „Regulierung: Es ist Eile geboten“ im BDZV-Magazin „relevant.“ vom September 2023 (Download des Artikel PDFs hier).