„Jeder Tag, den wir verlieren, gefährdet die Pressevielfalt“

Endlich handeln, verlangt Sigrun Albert, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), im Interview mit der Fachzeitschrift Meedia. Sie fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich die im Koalitionsvertrag festgelegte staatliche Zustellförderung für die Presse umzusetzen.

Sigrun Albert auf dem Cover der Fachzeitschrift "Meedia"
Meedia

Das jüngste, unabhängige Gutachten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstreiche, dass eine Förderung der Zustellung nicht nur nötig und wirtschaftlich sinnvoll sei, sondern dass sie auch verfassungskonform ist und die Meinungsvielfalt stärkt.

Sigrun Albert: „Eindeutiger kann eine Handlungsempfehlung an die Bundesregierung nicht formuliert werden. Jeder Tag, den wir verlieren, gefährdet die Pressevielfalt und am Ende unsere demokratisch verfasste Gesellschaft.“ Vor dem Hintergrund der Kosten für Energie und Papier, die im vergangenen Jahr „unkontrolliert schnell gewachsen sind“, sei daher ein schnelles Handeln angesagt. Nur so könne verhindert werden, dass Zeitungen in vielen Regionen nicht mehr zugestellt werden.

Scharfe Kritik übt Albert an der Reaktion des BMWK auf die Veröffentlichung des Gutachtens: „Das Wirtschaftsministerium sagt uns ein Jahr lang, es warte für weitere Entscheidungen auf ein Gutachten, um dann nach der Publikation des Gutachtens zu sagen, dass der Inhalt keine Rolle spielt und es gar nichts zu entscheiden gibt – ein Vorgehen, das ich Ihnen und mir nicht erklären kann.“

Digitalisierung schreitet voran

Zwar digitalisieren die Zeitungsverlage ihre Inhalte verstärkt – auch, um jüngere Zielgruppen anzusprechen. Dennoch sei die gedruckte Zeitung noch nicht obsolet, da „vor allem ältere Leser ihre Tageszeitung weiter in der Hand halten wollen.“ Dieser Spagat stelle viele Verlage vor große Herausforderungen.

Zudem werden die Bemühungen der Verlage, digitale Paid-Content-Modelle zu etablieren, durch das breite öffentlich-rechtliche Informationsangebot im Internet konterkariert. Hier müsse gegengesteuert und in der ARD und der Politik das Verständnis dafür geschärft werden, „welche existenzielle Bedrohung kostenlose, öffentlich-rechtlich finanzierte Inhalte für das Geschäft mit Bezahlinhalten darstellen.“

Dennoch sei es den Verlagen 2021 erstmals gelungen, einen Digitalumsatz von mehr als einer Milliarde Euro zu erwirtschaften. „Darauf sind wir stolz“, so Albert. Es zeige, dass „die Branche die Digitalisierung konsequent vorantreibt.“

Weitere Themen des Meedia-Interviews sind KI-Anwendungen wie ChatGPT und ihre Auswirkungen auf das Verlagsgeschäft, die Perspektiven auf dem Werbemarkt und die Verbandsentwicklung.

Hier gibt es das vollständige Interview zu lesen.