Deutscher Presserat: 13 Rügen, 15 Missbilligungen, 22 Hinweise

Der Deutsche Presserat hat auf seinen Sitzungen vom 6. bis 8. September 13 Rügen wegen Interessenkonflikten, Vorverurteilungen und Verletzungen des Persönlichkeitsrechts ausgesprochen.

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Deutscher Presserat

„Frankenpost“ (Hof) und „Nordbayerischer Kurier“ (Bayreuth) wurden wegen eines schweren Verstoßes gegen das Gebot zur Trennung von Tätigkeiten nach Ziffer 6 des Pressekodex gerügt. Die Tageszeitungen hatten über die Kritik eines Oberbürgermeisters an der Leitung des örtlichen Klinikums berichtet. Die Verfasserin des Artikels arbeitet jedoch parallel als Redaktionsleiterin der Patientenzeitung des Klinikums und habe damit einen Interessenkonflikt, der der Leserschaft „in geeigneter Weise“ offengelegt hätte werden müssen, so das Selbstkontrollorgan der Deutschen Presse.

„Bild“ und bild.de erhielten eine Rüge für die verfälschende Darstellung eines Gerichtsurteils und Diskriminierung des Verurteilten, weil sie in einem Bericht über die Vergewaltigung einer 11-Jährigen mit ihren Schlagzeilen eine Straffreiheit für den Täter suggeriert hatten. Dass der Täter minderjährig und seine Strafe, wie nach Jugendstrafrecht üblich, zur Bewährung ausgesetzt wurde, ist erst im Text deutlich geworden.

Zudem erhielt bild.de für einen Facebook-Teaser eine Rüge, weil dort vier Deutsche, die auf Mallorca wegen mutmaßlicher Brandstiftung in Untersuchungshaft saßen und entlassen worden waren, als „Brandstifter“ bezeichnet wurden – ein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung nach Ziffer 13 des Pressekodex.

Eine weitere Rüge erhielt bild.de, weil das Online-Angebot Opfer-Fotos des Attentats an einer Grundschule in Uvalde (Texas, USA) von Twitter- und Facebook-Accounts veröffentlicht hatte. Für die „herabwürdigende Darstellung eines Polizisten“ erhielten „Bild“ und bild.de eine weitere Rüge. In dem Artikel über einen betrunkenen Autofahrer, der von Beruf Polizist ist, war mit Fotos auf die eingenässte Hose des Mannes hingewiesen worden. Mit dieser Darstellung liegen laut Presserat Verstöße gegen die Menschenwürde nach Ziffer 1, den Persönlichkeitsschutz nach Ziffer 8 und gegen die Ehre des Mannes nach Ziffer 9 des Pressekodex vor.

Tagesspiegel.de erhielt eine Rüge für die falsche Zitierung eines Mitglieds der Documenta-Findungskommission. In der Schlagzeile hatte die Redaktion einen Begriff verwendet, den das Mitglied im wörtlichen Zitat so nicht gesagt hatte.

Die „Neue Post“ wurde für einen Beitrag über Prinz William und Herzogin Kate gerügt, weil dort behauptet wurde, dass Kate nach einem Ehestreit mit den Kindern zu ihren Eltern gezogen war. Fotos des angeblichen Auszugs waren, so der Presserat, schon vor Jahren entstanden und zum Teil eine nicht gekennzeichnete Montage gewesen.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ wurde wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsschutzes gerügt, weil die Zeitung über einen Vorfall mit einer „offensichtlich psychisch Kranken“ vor Beginn einer Operettenaufführung in identifizierender Weise berichtet hatte.

Eine Rüge wegen Schleichwerbung ging an die Online-Ausgabe der „Rheinischen Post“ (Düsseldorf) , weil in einem Artikel über einen Lottogewinner mehrfach der konkrete Lottoanbieter genannt und in einem Foto das Logo der Lotterie „plakativ“ zu sehen war. Für Schleichwerbung in einem Artikel wurde die „Lippische Landes-Zeitung“ gerügt, die auf Basis eines Gesprächs mit dem Inhaber eines Optikergeschäfts über die Saisontrends bei Sonnen- und Sportbrillen berichtet hatte, ohne noch andere ortsansässige Anbieter zu Wort kommen zu lassen.

Der „Focus“ erhielt wegen eines schweren Verstoßes gegen das Trennungsgebot von Werbung und Redaktion eine Rüge, weil die Illustrierte in einem Artikel über Formulardiäten ein bestimmtes Präparat mehrfach namentlich genannt hatte, ohne dass ein Alleinstellungsmerkmal dieses Produkts erkennbar gewesen war. Die „Sächsische Zeitung“ wurde für ein Interview mit den Inhabern einer regionalen IT-Firma gerügt, weil die Interviewten in dem Gespräch ihre Leistungen und Preise ausführlich darlegen konnten, „ohne dass hierfür ein hinreichender Anlass“ bestanden hätte.

In den Sitzungen beriet der Presserat über insgesamt 99 Beschwerden, wovon 56 als begründet und 30 als unbegründet erachtet wurden. Daraus folgten 13 öffentliche Rügen, 15 Missbilligungen und 22 Hinweise.