„Desinformation tötet!“ – Bilanz zum 3. Mai

Das immer wieder nötige Ringen um Meinungs- und Pressefreiheit wird seit drei Jahrzehnten insbesondere in den deutschen Tageszeitungen am 3. Mai – Internationaler Tag der Pressefreiheit thematisiert. Wohl nie waren die Berichte so umfangreich und vielfältig wie in diesem Jahr. Das ist zum einen dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und den damit einhergehenden Nachrichten, Propagandaschlachten und Fake-News geschuldet, zum anderen sicher auch der Hiobsbotschaft der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF), wonach Deutschland beim Pressefreiheitsindex auf Platz 16 abgestiegen ist.

Wahrheit und Pflicht
BDZV

Auch der BDZV hat traditionell zum 3. Mai für seine Mitglieder ein umfangreiches Redaktionspaket geschnürt, das ganz oder in Teilen in mehreren hundert Ausgaben sowie auf den digitalen Portalen der Zeitungen eingesetzt wurde – sei es das Motiv „Out“ der österreichischen Künstlerin Xenia Hausner für die Pressefreiheit mit dem begleitenden Interview, sei es der Essay des Tübinger Medienwissenschaftlers Bernhard Pörksen unter dem Titel „Desinformation tötet!“, sei es die BDZV-Grafik zur Situation der Pressefreiheit weltweit oder auch die Karikaturen. Das Interesse war riesengroß: In der Woche vor dem 3. Mai verdoppelte sich der Traffic auf der BDZV-Website.

 

„Wir werden weiter so intensiv berichten wie bisher“

Ganz besondere Aufmerksamkeit erfuhr daneben die am 2. Mai angebotene BDZV-Digitalkonferenz „Nachrichten aus dem Krieg“, bei der deutsche Berichterstatter aus der Ukraine eine Stunde lang über ihre Erfahrungen berichteten.  Potenzielle Vorwürfe, die Darstellung sei einseitig oder es werde als „embedded journalist“ berichtet, weisen alle deutlich zurück: „Ich kämpfe hier nicht an der Seite der Ukraine“, sagt beispielsweise die ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf.

„Aber es ist nicht unsere Aufgabe, die Lügen von Herrn Lawrow oder Herrn Putin als eine Perspektive auf die Realität darzustellen.“ Bei den Aussagen des Außenministers und des Präsidenten von Russland handele es sich um gezielte Desinformation.

Ellen Ehni, Chefredakteurin des WDR-Fernsehens, stellt ebenfalls klar: „Das ist ein Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.“ Zugleich verteidigt sie die vorsichtige Haltung der ARD etwa bei der Beurteilung der Vorfälle von Butscha, wo sie von „Kriegsverbrechen, mutmaßlich begangen durch die russische Armee“ sprach.

Im Sinne der Glaubwürdigkeit sei es in einem Umfeld der Desinformation besonders wichtig, zurückhaltend zu sein.

Der freie Journalist, Kriegsreporter und Berater Enno Lenze zeigt Verständnis für die vorsichtige Haltung der ARD. Zugleich erklärt er sich als positiv überrascht von der Kommunikationsstrategie der ukrainischen Regierung und des Militärs, die er als „vertrauenswürdig“ empfinde. Man habe dort gemerkt, dass man mit Transparenz am weitesten komme.

Paul Ronzheimer, stellvertretender Chefredakteur der „Bild“-Zeitung und ebenfalls erfahrener Kriegsreporter, betont, wie wichtig es sei, mit den Menschen vor Ort zu sprechen. Gerade die Aussagen der Soldaten zeichneten häufig ein anderes Bild als die der offiziellen ukrainischen Stellen. Dass das Interesse der Menschen an dem Konflikt in nächster Zeit ermüden werde, glaubt Ronzheimer nicht. „Wir werden weiter so intensiv berichten wie bisher“, sagt er.  

Der live gestreamte Event hat Zugriffszahlen wie zuletzt nur die beiden großen – pandemiebedingt digitalen - BDZV-Veranstaltungen #beBETA und Jahreskongress. Er kann auch weiterhin hier via YouTube abgerufen werden.