BDZV-Präsident Mathias Döpfner: Zusammenarbeit des Bundes mit Google ist ordnungspolitischer Tabubruch

Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Google zu prominent platzierten Gesundheitsinfos auf der Suchmaschinen-Webseite ist aus Sicht von Dr. Mathias Döpfner, BDZV-Präsident und CEO Axel Springer SE, „ein ordnungspolitischer Tabubruch“. Döpfner sprach in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Ausgabe vom 5.12.2020) von einem „eklatanten Mangel an Verständnis für die Bedeutung und die Fragilität des privaten Mediensektors“.

Mathias Döpfner
BDZV

Hier werde „mit einem Federstrich jeder kritische Umgang mit Informationen der Regierung ausgeschaltet“. Der BDZV-Präsident zeigte sich zudem überzeugt, die Verlage sich der Bedrohung durch die Plattformen aus eigener Souveränität nicht erwehren können: „Sie sind abhängig vom Traffic, sie sind abhängig von den Reichweiten, die sie auf Google und auf Facebook erzielen. Die Plattformen vereinnahmen die Werbegelder, ohne für die Nutzung der Inhalte über eine Lizenz oder andere Vergütungsmodelle zu bezahlen.

Nun treten die Plattformen, namentlich Google, an die Verlage heran und bieten, ganz kurz bevor das Urheberrecht in die nationale Gesetzgebung umgesetzt wird, einigen ausgewählten Verlagen schnelles Geld für die uneingeschränkte Nutzung ihrer Inhalte an, auch derjenigen, die die Verlage nur ihren digitalen Abonnenten anbieten. Das ist aus Sicht der Plattformen extrem clever. Sie erhöhen die Abhängigkeit der Verlage. Und sie entwerten mit ihrem vergleichsweise geringen finanziellen Angebot das Leistungsschutzrecht der Presseverlage und zerstören damit den Markt für privatwirtschaftlich finanzierten unabhängigen Journalismus, bevor das neue EU-Urheberrecht in Kraft tritt.“

Die Plattformen erreichen, dass sie die ultimative Destination für Nachrichten werden und niemand mehr die Abonnements individueller Medienmarken braucht und bezahlen wird.

Es habe ja seinen Grund gehabt, erläuterte Döpfner im Interview mit dem stellvertretenden „FAZ“-Feuilletonchef Michael Hanfeld, dass in Deutschland vor Jahren das Leistungsschutzrecht entwickelt wurde. „Kaum war es vorhanden, wurde es von Google mit der Drohung unterlaufen, dass, wer diese Recht in Anspruch nimmt, benachteiligt wird.“ Das habe bei Verlagsunternehmen wie Axel Springer dazu geführt, dass der Suchmaschinen-Traffic binnen kürzester Zeit um 85 Prozent eingebrochen sei. „Das war für mich der klare Beweis für den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Google hat qua Marktmacht ein nationales Recht ausgehebelt.“

Auch deswegen habe sich die EU des Themas angenommen. „Und jetzt nimmt sich Google in Frankreich und Deutschland nach Gutdünken einen Verlag nach dem anderen vor“, kritisiert der BDZV-Präsident, „um sie mit schnellem Geld nachgiebig zu stimmen, und schafft es möglicherweise, dieses Recht erneut zu umgehen – oder dessen Wirksamkeit ganz zu verhindern. Wenn die Politik das zulässt, muss sie wissen, um welchen Preis sie das tut.“ Aus Sicht der Politik sei es zwar unangenehm, sich jeden Tag über ein paar hundert verschiedene journalistische Stimmen zu ärgern, „aber das ist wesentlich besser, als es am Ende nur noch mit zwei Plattformen zu tun zu haben, die jede Regierung am Nasenring durch die Manege führen können“.