Zehntes Herbstforum der Initiative Qualität

Qualität und Professionalität: Journalismus auf guten Wegen?

Beim Zehnten Herbstforum der Initiative Qualität im Journalismus (IQ) haben am 14. Oktober in Berlin gut siebzig Branchen-Experten über Kurskorrekturen für den weiteren Weg in die digitale Zukunft diskutiert. Auf der Agenda der von Werner Lauff moderierten Tagung standen Themen wie Selbstverständnis und Rollenbilder, professionelle und ethische Standards, Storytelling und vor allem Transparenz.

Der digitale Strukturwandel der Öffentlichkeit setzt den Journalismus zunehmend unter Druck: Die Glaubwürdigkeit gerät in Gefahr, die Akzeptanz schwindet, und in einigen Bereichen schrumpft mit der Zahl der Nutzer/innen auch die wirtschaftliche Basis. Zugleich destabilisieren Verschwörungstheorien und Fake News durch Desinformation die demokratische Meinungsbildung. Das alles stellt den Journalismus, dessen Arbeitsroutinen und seine gesellschaftliche Aufgabe infrage.

Hans Dieter Heimendahl, Programmchef von Deutschlandfunk Kultur, wies bei seiner Begrüßung darauf hin, in einer „schrecklich meinungstrunkenen Zeit“, in der sich jeder online überall äußern könne, werde die Möglichkeit von sachlichen öffentlichen Debatten infrage gestellt. Umso wichtiger sei eine „differenzierte, verlässliche Berichterstattung“. Außerdem könne der Zweifel an der Verlässlichkeit des Journalismus nur ausgeräumt werden, wenn einer breiten Öffentlichkeit die Funktion von Journalismus in der Demokratie erklärt werde. „Nur wenn es gelingt, Nutzer vom Journalismus zu überzeugen, gibt es die Chance zu demokratischer Debatte“, sagte Heimendahl.

Der Kommunikationswissenschaftler Siegfried Weischenberg warnte, Journalismus dürfe angesichts der sinkenden Glaubwürdigkeit und öffentlicher Kritik nicht in eine Selbstkritik verfallen, die oft „masochistische Züge“ trage. Wichtig seien Diversität und Transparenz, der Blick über den Tellerrand der eigenen Branche und eine Haltung, die es erlauben müsse, nicht grundsätzlich alle Meinungen abzubilden. „Es gibt Dinge, die haben nur eine Seite“, machte der Wissenschaftler klar, Bei Themen wie Klimaschutz oder Rassismus sei es deshalb wenig sinnvoll, mit dem Verweis auf Ausgewogenheit und Neutralität alle Positionen gleichermaßen zu berücksichtigen.

In einer Diskussionsrunde über neue Rollenbilder des Journalismus machte der Medienjournalist Daniel Bouhs auf die Ausdifferenzierung des Marktes, die Fragmentierung des Publikums und weitere Herausforderungen aufmerksam. So gelte es, Technik und Inhalte zu verzahnen, Qualität zu sichern und dabei nicht die Reichweiten, sondern die Inhalte in den Mittel-punkt zu stellen. Juliane Leopold, Chefredakteurin von tagesschau.de, betonte, die Social-Media-Welt sei nicht nur eine Gefahr für Journalismus, sondern biete auch viele Chancen. Deshalb gelte es, soziale Online-Netzwerke wie Instagram, Snapchat oder TikTok gezielt ein-zusetzen, um Nutzer zu erreichen, die zu den klassischen Medienangeboten keinen Kontakt mehr haben. Cordt Schnibben, Leiter der Reporterfabrik, fragte, wie es gelingen könne, die professionellen Standards des Journalismus auf die Kommunikationskultur von Social Media zu übertragen.

Wie Redaktionen Kontakte zu Rezipienten pflegen und nutzen können, erläuterte Maria Exner. Die stellvertretende Chefredakteurin von Zeit Online berichtete über neue Formen des Leserdialogs. So werden etwa bei dem Projekt „Deutschland spricht“ Gespräche zwischen Menschen organisiert, die zu kontroversen Themen völlig gegensätzliche Meinungen haben.

Eine ausführliche Dokumentation des Herbstforums wird demnächst unter www.initiative-qualitaet.de veröffentlicht.