Erklärung von Sonthofen: VBZV und VSZV fordern Verabschiedung eines Europäischen Verlegerrechts

Es werde höchste Zeit, dass Europa dem unfairen Treiben der Internet-Giganten Google, Facebook und Co. einen Riegel vorschiebt. Diesen Appell richteten Andreas Scherer, Erster Vorsitzender des Verbands Bayerischer Zeitungsverleger (VBZV), und Valdo Lehari jr., Vorsitzender des Verbandes Südwestdeutscher Zeitungsverleger (VSZV), in einer Pressemitteilung an das Europäische Parlament. Auf der gemeinsamen Jahrestagung beider Verbände am 23. April in Sonthofen forderten sie Brüssel auf, endlich ein Europäisches Urheberrecht zu verabschieden, das es den Verlagen ermögliche, für die Nutzung ihrer Inhalte durch Dritte ein angemessenes Entgelt zu verlangen.

Es sei höchst bedauerlich, dass sich die meisten globalen Suchmaschinen und andere digitale Plattformen juristisch gegen ein bereits verabschiedetes deutsches Leistungsschutzrecht sperren und jede Zahlung für die Nutzung wertvoller Verlagsinhalte verweigern. Offenbar sei den digitalen Giganten nur auf europäischer Ebene beizukommen. Die systematische Nutzung fremder Inhalte als Geschäftsmodell stelle auf Dauer eine große Gefahr für die Pressevielfalt und damit für unsere Demokratie dar. Globale Monopolisten nutzten ohne die nötige gesellschaftspolitische Verantwortung den digitalen Markt zum Nachteil der heimischen Medienhäuser, die einen verantwortungsbewussten und regional verwurzelten Journalismus pflegten. Scherer: „Wie lange sollen wir noch darauf warten, dass in der digitalen Welt, in der wir uns seriös bewegen, endlich ein fairer Wettbewerb sichergestellt wird?“

Wohin das mangelnde Verantwortungsbewusstsein digitaler Giganten führen kann, habe der jüngste Skandal um den millionenfachen Datenmissbrauch bei Facebook gezeigt. Google, Facebook und Co. nutzten nicht nur fremde Inhalte für ihre eigenen Geschäftsmodelle. Sie nutzten ihre internationale Aufstellung auch, um erhebliche Steuervorteile zu erzielen, auch zum Nachteil der heimisch verankerten und verantwortungsbewussten Medien.

Zur Sicherung der gedruckten Zeitung als Kernprodukt der regionalen Medienhäuser forderte Scherer, die Zeitungszustellung wie eine haushaltsnahe Dienstleistung zu behandeln. Dies sei dringend notwendig, weil durch die Ausgestaltung des Mindestlohns für die Verlagsbranche die Kosten für den Zeitungsvertrieb explodiert seien. Damit sei die flächendeckende Zulieferung der Zeitung ernsthaft bedroht. Dies sei aber eine Voraussetzung für eine umfassend informierte Bürgerschaft, ohne die unserer Demokratie nicht leben könne. In diesem Zusammenhang zitierte Scherer den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der die Zeitung als haushaltsnahes Produkt beschrieben hatte: „Man liest die Zeitung doch nicht draußen am Briefkasten, sondern drinnen am Frühstückstisch.“ Der Koalitionsvertrag der Großen Koalition in Berlin zeige hier in die richtige Richtung.

Die beiden Verbände appellierten auch an den Vorsitzenden der ARD, Ulrich Wilhelm, bei den Online-Auftritten der öffentlich-rechtlichen, also gebührenfinanzierten Sender mit pressähnlichen Angeboten zurückhaltender zu sein. Dies verlange der Rundfunkstaatsvertrag ohnehin. Außerdem gelte das Prinzip, dass die Presse auch auf dem digitalen Markt staatsfern sein müsse. Der Staat dürfe sich nicht als Verleger betätigen. Es sei nicht zulässig, mit Steuergeldern den privat finanzierten Medien Konkurrenz zu machen. Dies gelte vor allem für kommunale Amtsblätter mit redaktionellen Inhalten und kostenlose Anzeigenportale der öffentlichen Hand. Auch das sei ein unfairer Wettbewerb, der so nicht akzeptabel sei. Lehari: „Die Amtsblätter und Online-Portale zahlreicher Kommunen vor allem in Baden-Württemberg entwickelten in den letzten Jahren beinahe schon den Charakter von Lokalzeitungen. Die Inhalte gehen weit über die staatliche Informationsaufgabe einer verwaltungsbezogenen Berichterstattung hinaus.“