Lea Sahay und Martin Wittmann

Kurzbiographie der Nominierten in der Kategorie Reportage 2025

Lea Sahay (geborene Deuber), Jahrgang 1991, ist China-Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung und berichtet aus Peking über Politik und Gesellschaft der Volksrepublik. Von 2016 bis 2018 arbeitete sie in Shanghai für die Wirtschaftswoche. Nach China kam sie erstmals 2007/08 als Austauschschülerin und lebte zehn Monate in einer chinesischen Familie. Ihre fast 20-jährige China-Erfahrung hat sie 2024 in dem Buch Das Ende des Chinesischen Traums verarbeitet. Sahay hat Europa- und Asienwissenschaften in Bonn und Berlin studiert. Als Vorstandsvorsitzende des Vereins journalists.network engagiert sie sich für die Förderung junger Journalistinnen und Journalisten sowie der Auslandsberichterstattung.

Martin Wittmann, Jahrgang 1979,  arbeitet als Korrespondent in London. Er studierte Soziologie in München, unterbrochen von Aufenthalten in Melbourne und Barcelona. Nach einem Volontariat bei der FAZ arbeitete er als freier Journalist, vor allem für die Süddeutsche Zeitung. Von 2016 an war er Redakteur im Ressort Seite Drei, von 2019 bis 2023 leitete er das Team des Buch Zwei. Er hat drei Bücher veröffentlicht - über Bayern, Australien und das ideale Leben.
 
 

Lea Sahay und Martin Wittmann
Süddeutsche Zeitung GmbH

Im Interview

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?

Die Idee hatten ausnahmsweise nicht wir, sondern eine Leserin. Sie hatte 2016 auf einen Aufruf in der SZ reagiert, in dem es hieß, man solle der Redaktion schöne Liebesgeschichten zusenden. Sie schickte uns eine Kiste mit fast 100 Jahre alten Fotos und Dokumente, die ihr in die Hände gefallen waren. Auf vielen Bildern zu sehen: ein junges Liebespaar. Wir sind also den Hinweisen auf den Fotos, in den Tagebüchern und Liebesbriefen nachgegangen, haben uns durch Archive und Telefonverzeichnisse, durch Geschichtsbücher und Chroniken gewühlt. Und konnten damit auch Familienangehörige ausfindig machen und interviewen.
 

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?

Zum einen mussten wir in einer längst vergangenen Zeit nach den Umständen und Hintergründen dieser Liebe im Aachen der 1930er-Jahre suchen. Keiner der Abgebildeten ist noch am Leben, und die Romanze sollte ja geheim bleiben, was die Aufgabe nicht einfacher machte. Die chinesische Seite der Geschichte war noch herausfordernder. Der mysteriöse Student etwa hieß Wang, immerhin der häufigste Nachname in seiner Heimat, und die engen Kritzeleien auf den Fotos wurden definitiv nicht geschrieben, damit sie Journalisten aus Deutschland fast hundert Jahre später entziffern können. Dass China die Geschichte seines „schlimmsten Verräters” bis heute unter Verschluss halten will, war aber sicher das größte Hindernis.

Wie wurden Sie unterstützt?

Innerhalb der Redaktion haben uns zum einen die Kolleginnen und Kollegen des Politikteils und des Buch Zwei unterstützt. Sie haben uns keinen Druck gemacht und uns nicht nur Wochen und Monate, sondern Jahre für die Aufbereitung eingeräumt. Ein seltener Luxus. Genauso wichtig war das Podcast-Team, eben weil es uns dann doch sanft zu einem klaren Zeitplan drängte, um die schier unendliche Geschichte abzuschließen. Grundsätzlich sind wir der Zeitung dankbar, dass sie eine zeitlich und finanziell so aufwändige Recherche ermöglicht.

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?

Beispielhaft an unserer Geschichte haben wir zumindest die Umstände erleben dürfen, die Voraussetzung sind für guten Journalismus: eine komplexe Geschichte mit bestem Wissen und Gewissen erzählen zu können, mit einem arbeitsteiligen Team, das sich in allen Bereichen mit Verve und Expertise reinhängt, um den Leser das beste Erlebnis zu bieten. Von der ausgiebigen Recherche über die detaillierte Textarbeit bis hin zur publizistischen Aufbereitung, in diesem Fall als digitales Storytelling sowie auf vier Seiten in der Print-Ausgabe.

Was braucht ein herausragender Artikel?

Herausragend in einer unübersichtlichen, schrillen Masse an Leseangeboten: ein Text, der auch wirklich hält, was er im Teaser verspricht; der das Vertrauen zurückzahlt, das ihm die Leserinnen und Leser mit ihrer knappen Zeit entgegenbringen.

Was erwarten Sie von der Preisverleihung?
Als Korrespondenten freuen wir uns nicht nur, zu einer Preisverleihung zu reisen, sondern auch, mal wieder die Heimat zu besuchen – und an diesem Abend Kolleginnen und Kollegen zu treffen, um über drängende Themen zu sprechen, die wir im Alltag nur aus der Ferne beobachten: Wie steht es in diesen Zeiten um den deutschen Journalismus? Wie sehen die Kollegen die Geschehnisse in China und Großbritannien? Und wie schmeckt nochmal dieses deutsche Bier?

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