Interview

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Politik ist eine ernste Sache, aber manchmal nur lachend zu ertragen: mit  Spott, respektlosen Witzen, anarchischem Humor. Schon als Schüler saß ich sonntags vor dem Bildschirm, solange das ZDF Dieter Hildebrandts „Notizen aus der Provinz“ noch im Programm duldete. Später war ich Stammgast beim „Scheibenwischer“ und lange auch bei der „heute show“. Allmählich wurde mir unwohl, weil Demokratie da notorisch wie ein Theater vorgeführt wird, in dem nur Trottel mitspielen. Zunächst misstraute ich meinen subjektiven Eindrücken, weil  Welke & Co doch für die meisten Kult sind. Wenige haben sich kritisch damit beschäftigt. Ich schaute mir viele Sendungen noch einmal in der Mediathek an, um meine Bedenken zu überprüfen, beschäftigte mich mit Fachliteratur zur Rolle des Humors in der Politik, zur Geschichte der politischen Satire, hörte mir einige Diskussionsrunden zu dem Themenkomplex an, darunter auch eine mit Oliver Welke persönlich. Sloterdijks „Kritik der zynischen Vernunft“ hat mich inspiriert. Daran angelehnt ist das Fazit meines Essays: diese Art von Comedy halte ich für den  Triumph einer zynischen Unvernunft.

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Die „heute show“ ist ein Publikumserfolg und mehrfach preisgekrönt. Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung bescheinigt ihr „aufklärerisches Potenzial“. Das befeuerte meine Selbstzweifel. Mit jeder Sendung, die ich mir ansah, wuchs aber auch das Bedürfnis, meine Bedenken endlich auf den Punkt zu bringen - und aufs Papier.

Von wem und/oder wie wurden Sie dabei unterstützt?
Es ist ein großes Privileg, für eine Zeitung zu arbeiten, die für solche Ideen Freiräume lässt, genügend Zeit zum Nachdenken, und auch eine Plattform bietet: eine wöchentlich erscheinende Essay-Seite („Brücke zur Welt“).

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Guter Journalismus will den Dingen auf den Grund gehen, ist dabei hartnäckig, gründlich, unerschrocken, gewissenhaft. Guter Journalismus zeichnet sich durch Verständlichkeit, Unabhängigkeit, Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit aus. Er begnügt sich nicht mit Halbheiten, bemüht sich um das Publikum, animiert zum Nachdenken, vielleicht auch zum Widerspruch, ist klar im Urteil, aber nicht rechthaberisch.

Was braucht ein herausragender Artikel?
Ein herausragender Artikel braucht ein originelles, spannendes Thema, wählt einen ungewöhnlichen Blickwinkel. Er muss kurzweilig, anschaulich und durchweg verständlich geschrieben sein, in einer Sprache, die auf eigenes Vokabular vertraut, Begriffe prägt und Phrasen meidet. Er sorgt für Gesprächsstoff – verhilft bestenfalls zu neuen Erkenntnissen.

Was erwarten Sie von der Preisverleihung am 21. Juni in Berlin?
Da feiern Journalisten ihre Besten.