Interview

In einem Satz: Worum geht es in Ihrem Artikel?
2015 gab es eine Welle negativer Gerüchte über Flüchtlinge, denen ich nachgegangen bin.

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag, und wie haben Sie recherchiert?
Gerüchte zu überprüfen  ist journalistischer  Alltag,  und  in  der  Regel  finden Geschichten,  die  sich  nicht  bewahrheiten,  auch nicht  den  Weg  in die  Zeitung.  Das haben  wir  2015  geändert:  Als  im  Zuge  des  Flüchtlingszustroms  abstruse, aber auch realistisch klingende Geschichten verbreitet  wurden, haben wir sie und ihren  Wahrheitsgehalt zum Thema einer Serie gemacht. Um den Gerüchten auf den Grund zu gehen, haben wir mit denen gesprochen,  die die Tatsachen kennen mussten: Polizisten, Staatsanwälte,  Hilfsorganisationen, Unternehmen, Sozialamtsleiter, Ministerien. Angereichert wurde die Serie mit einem Interview einer Psychologin über das Phänomen Gerücht und mit Stimmen von Lesern, die den Check lobten oder auch  kritisierten.


Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Die Gerüchte zu überprüfen war in den meisten Fällen nicht sehr schwierig. Die Herausforderung entstand an anderer Stelle. Unser Aufruf an die Leser lautete: „Wenn Sie ein Flüchtlingsgerücht überprüft haben möchten, melden Sie sich. Wir checken das und berichten – so oder so.“  Letzteres war sehr wichtig, denn der Gerüchte-Check sollte nicht eine bestimmte Meinung entkräften oder bestärken, sondern in jeder Hinsicht möglichst neutral sein. Deshalb wurde auch grundsätzlich jedes Gerücht veröffentlicht. Das wurde uns aber von einigen Lesern nicht abgenommen. Weil sich fast alle negativen Gerüchte als falsch herausstellten, wurde uns vorgeworfen, mit der Serie Flüchtlinge "reinwaschen" zu wollen. Das hatte sehr viele und lange Telefongespräche mit Lesern zur Folge.
Von wem und wie wurden Sie dabei unterstützt?
Es gab vereinzelt Leser, die mit der Kündigung ihres Abonnements drohten, sollten wir den Flüchtlingsgerüchte-Check  nicht einstellen. Die Redaktionsleitung hat trotzdem keinen Einfluss auf die Serie genommen.

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Vor allem drei Dinge: Er erklärt komplizierte Sachverhalte leicht verständlich, er holt Missstände, aber auch positive Dinge ins Rampenlicht, und er gibt Schwachen eine Stimme, ohne sich zu ihrem Anwalt zu machen.

Was braucht ein herausragender Artikel?
Einen engagierten, lernbereiten Schreiber, der weiß, was er tut.

Was erwarten Sie von der Preisverleihung am 7. September in Berlin?
Interessante Mitstreiter kennenzulernen und das Glas auf die gute, alte, immer neue Zeitung zu erheben.