Im Interview Tobias Köpplinger, Leiter Themenmanagement & Digitales Management | Main-Post

Was war der Anlass, sich intensiver mit „user needs“ zu beschäftigen?

Wenn es einen konkreten Anlass gab, dann vielleicht diesen hier: Seit ein paar Jahren geben unsere Autorinnen und Autoren jedem ihrer Artikel drei Metadaten mit: Thema, Format und Charakter. Die ersten beiden Metadaten sind ziemlich klar. Das Feld Charakter war der Versuch, eine emotionale Stimmung zu prognostizieren. Also: Was macht der Inhalt mit den Nutzerinnen und Nutzern, wie lässt er sie zurück? Zur Auswahl standen Ärger/Trauer, Freude/Zuneigung, Information, etc. Das war schwammig, wurde oft kritisiert, wir wussten nicht, was wir mit den Daten überhaupt anfangen sollten. Dann kam eine Kollegin von einem Journalism Fellowship zurück und hatte dort Dmitry Shishkin mit den User Needs kennengelernt. Von da an haben wir überlegt, wie wir die User Needs in unsere Metadaten und damit in Planung und Auswertung hineinbekommen und ob User Needs das Feld Charakter ersetzen können.

Wie war die Vorgehensweise zur Erfassung der Nutzer-Bedürfnisse?

Wir kamen vom Charakter: zu schwammig. Dann gab es mal die Idee des Artikeljobs – also welche Aufgabe hat ein Artikel: zu technisch. Und dann kamen die Shishkinschen User Needs – das war der Gedanke, der uns fehlte und der uns in die nutzerzentrierte Sichtweise brachte. Wir haben die User Needs übersetzt, angepasst, mit Beispielen aus unseren Redaktionen angereichert, Format-Beispiele aufgezählt und das Ganze in einen Spickzettel gegossen. Der Spickzettel ist in den Redaktionen der Main-Post das Instrument, dass viel Wissen auf kleinem Raum zur Verfügung stellt und so sofort nutzbar macht. So haben wir auch die User Needs eingeführt. Unsere Idee: Je früher wir User Needs in der Inhalteerstellung mitdenken, desto erfolgreicher sind unsere Inhalte bei Leserinnen und Lesern. Über Spickzettel und Themenrunden bekommen wir die User Needs in den Planungsprozess, hinterlegen sie bei Desknet und argumentieren bei unseren Reporter-Stoffen von Beginn an aus Sicht der Leserinnen und Leser.

Wie haben Sie die Redaktion für das mit Zahlen aufgeladene Projekt gewinnen oder besser begeistern können?

Unsere Redaktionen haben sich in den vergangenen Jahren an eine KPI-unterstützte Arbeitsweise gewöhnt. Die Reporterinnen und Reporter haben den Wert erkannt, den das Feedback von den Leserinnen und Lesern bietet. Wir arbeiten bei der Main-Post mit Artikelscore und Neukunden-Score, bespielen in jeder Lokalredaktion Themenfelder, von denen wir wissen, dass sie bei den Leserinnen und Lesern gut ankommen. Die Arbeit mit den User Needs ist für mich nur der nächste konsequente Schritt, Inhalte noch besser für unsere Leserinnen und Leser aufzubereiten. Ein Kollege aus der Lokalredaktion Rhön, in der wir die User Needs in einem Pilotprojekt ausprobiert haben, sagte einmal: „Geschichten werden jetzt anders angepackt als man das „immer schon so“ gemacht hat.“

Was war persönlich für Sie in der zurückliegenden Zeit die Innovation?

Ich freue mich, wenn wir näher an unsere Leserinnen und Leser herankommen. Wenn wir deren Probleme kennen und vielleicht eine Lösung anbieten können. Wenn wir deren Bedürfnisse verstehen und Befriedigung verschaffen können. Je besser wir die Lebenswirklichkeiten der Menschen hier in unserer Region verstehen und daraus Hilfestellungen ableiten können, desto authentischer, verlässlicher und erfolgreicher werden wir als Main-Post sein. Für mich geht es dabei nicht in erster Linie um technische Produktentwicklungen, sondern um sicheres und verlässliches Gespür für das Leben der Menschen hier. Und hier können uns die User Needs weiterhelfen.

Im Video User Needs bei der Main-Post