Der große Heimat-Check

Preisträger 2021 für den Nova Innovation Award in der Kategorie Produktinnovation

Mit dem großangelegten Projekt „Heimat-Check“ hat die Westfalenpost (Hagen) die Wahrnehmung der Heimatstädte durch die Bevölkerung im gesamten Verbreitungsgebiet erfasst. Heimat-Check wurde damit zum redaktionellen Höhepunkt der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen im September 2020.

Das gesamte Projekt steht für eine systematische und langfristige Vorbereitung einer Wahl-Berichterstattung – und zwar über alle Lokalredaktionen. An den Umfragen zur entscheidenden Frage „Wie nehmen unsere Leserinnen und Leser ihre jeweiligen Heimatstädte wahr?“ beteiligten sich insgesamt 16.000 Menschen. Sie bewerteten ihre Region anhand von 14 Fragen und äußerten sich aber auch zu problematischen Themen und Missständen. Die Präsentation der Ergebnisse wurde auf insgesamt 150 Zeitungsseiten in den verschiedenen Westfalenpost-Ausgaben dargestellt.

"Der große Heimat-Check" der Westfalenpost
Westfalenpost

Der Heimat-Check versetzt die Redaktion in die Lage, die politische Diskussion im Kommunal-Wahlkampf sowie vor allem auch darüber hinaus mit einer von den Bürger*innen bestimmten Agenda mitzugestalten.

Das Befragungstool, umgesetzt unter wissenschaftlicher Begleitung, wurde aufgrund der ausgesprochen positiven Resonanz zwischenzeitlich für andere Themen weiterentwickelt, so unter anderem für den Corona-Check sowie Schützen(verein)-Check. Hier bestätigte sich erneut, dass Leser*innen und Bürger*innen zum einen die Aktionen der Westfalenpost wahrnehmen, sich beteiligten und zum anderen positiv erinnerten. Auch kommt eine besonders starke, heimatliche Verbundenheit zum Ausdruck. Rund 80 Prozent der teilnehmenden Bevölkerung leben gerne in ihrer Stadt. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass die Bürger*innen sich ernst genommen fühlen und erfreut zeigen, dass ihre Zeitung sich aktueller, regionaler und lokaler Themen annimmt. Das Tool wurde kürzlich nochmals weiterentwickelt und verdichtet, so dass es zu den verschiedensten Themen schnell und unkompliziert als 5-Fragen-Check eingesetzt werden kann.

Im Interview Torsten Berninghaus, Stv. Chefredakteur, Westfalenpost

Was war der Impuls für die Aktion „Heimat-Check“?

Im Vorfeld der Kommunalwahl war in der Redaktion die Frage aufgetaucht, mit welchem Berichterstattungs-Ansatz wir die Kommunalwahl im Herbst angehen wollen. Da sogenannte Stadtteil-Checks zum Beispiel bei der WAZ in Bochum spannende Ergebnisse zu Fragen der lokalen Infrastruktur, zur medizinischen Versorgung oder zur gefühlten Sicherheit vor Ort zutage gefördert hatten, entstand die Idee, die beiden Ansätze zu verbinden. Wenn die Leser und Nutzer den Städten und Gemeinden, in denen sie leben, ein differenziertes Zeugnis ausstellen, kann die Redaktion die wichtigsten Handlungsfelder herausarbeiten und die Lokalpolitik damit konfrontieren. Wichtig war, dass wir statistisch valide Daten benötigen, um im Wahlkampf selbstbewusst die Agenda zu setzen.

Torsten Berninghaus | Stv. Chefredakteur | Westfalenpost (Hagen)

Entscheidend ist, dass alle Redaktionen hinter einer solchen Idee stehen. Dazu ist es wichtig, die Redaktionsleiterinnen und Redaktionsleiter immer wieder einzubeziehen.

Wo sehen Sie die größten Erfolge der Aktion?

Einer der Höhepunkte war in jedem Fall die hohe Beteiligung. Sie müssen bedenken, dass wir parallel zum ersten Corona-Lockdown mit der Erhebung der Daten über unsere Fragebögen und Online-Abstimmungen begonnen haben. Am Ende haben fast 16.000 Menschen die 14 Themen-Fragen beantwortet – und in allen 40 Städten und Gemeinden des Verbreitungsgebietes hatten wir eine sehr valide und aussagekräftige Datenlage. Das haben die politisch Verantwortlichen auch überall erkannt. Der Heimat-Check und seine Ergebnisse wurden Teil politischer Beratungen und haben uns während des Wahlkampfs in eine sehr unabhängige Lage gebracht. Statt Parteiprogramme zu analysieren, waren wir in der Lage, die Parteien schriftlich und die Spitzenkandidaten in öffentlichen Frage-Runden (Wahl-Arena) mit den zentralen lokalen Themen zu konfrontieren. Wie ernsthaft sich die Bürger mit dem Heimat-Check beschäftigt haben, zeigen auch 2800 Hinweise, die die Umfrageteilnehmer in ein optionales Freifeld eingetragen haben. Daraus haben sich diverse weitere Themen für die Berichterstattung ergeben.

Welche Größe sollte das Kern-Team für die Umsetzung haben?

Entscheidend ist, dass alle Redaktionen hinter einer solchen Idee stehen. Dazu ist es wichtig, die Redaktionsleiterinnen und Redaktionsleiter immer wieder einzubeziehen. Bei uns hat ein Kernteam bestehend aus einer Handvoll Kolleginnen und Kollegen die Fragen entworfen, aber jede Redaktion konnte diese Fragen ergänzen, wenn es ein lokales Thema gab, dass gerade kontrovers diskutiert wurde. Die Formate, mit denen wir die Ergebnisse präsentiert und später die Politik konfrontiert haben, wurden übrigens auf einer Klausurtagung erarbeitet. Die Workshop-Teilnehmer, das war uns wichtig, repräsentierten erfahrene und ganz junge Kollegen. So entstanden sehr interessante und abwechslungsreiche Formate, die trotzdem umsetzbar waren.

Haben Sie eine Empfehlung? Worauf sollten Redaktionen achten, die nun ebenfalls gern einen „Heimat-Check“ anbieten wollen?

Zentral ist eine fachliche Vorarbeit und Begleitung, damit eine valide Datenbasis entsteht. Glücklicherweise können wir innerhalb des Verlages auf eine Statistik-Dozentin zurückgreifen. Die Kollegin beschäftigt sich zwar in erster Linie mit dem Leser- und Usermarkt, unser Projekt hat sie aber mit größtem Engagement unterstützt. So wurde bereits vor Umfrage-Start festgelegt, auf welche Teilnehmer-Zahl wir in den einzelnen Städten und Gemeinden mindestens kommen mussten. Es war toll zu sehen, wie kreativ sämtliche Kanäle genutzt wurden, um die Umfrage publik zu machen. Natürlich helfen dabei auch sponsored Posts bei Facebook.

Im Video Der große Heimat-Check

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