Presserat spricht zehn Rügen aus

Der deutsche Presserat hat anlässlich seiner Sitzungen zwischen dem 6. und 8. Dezember 2022 zehn Rügen wegen irreführenden Überschriften, Verletzungen des Opferschutzes und anderen Verstößen ausgesprochen. Das Selbstkontrollorgan der deutschen Presse rügte folgende Fälle:

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Deutscher Presserat

Das Portal „Intouch.Wunderweib.de“ erhielt wegen eines schweren Verstoßes gegen die journalistische Sorgfaltspflicht eine Rüge. Das Portal hatte mit einer Überschrift suggeriert, dass sich das Schauspielerehepaar Jan Josef Liefers und Anna Loos getrennt habe, dabei sei es nur um den Auszug der gemeinsamen Tochter aus dem Elternhaus gegangen.

Die Online-Ausgabe der „Stuttgarter Zeitung“ erhielt für die Verwendung eines sexualisierenden Symbolbilds im Rahmen der Berichterstattung über eine polizeiliche Fahndung nach einer Vergewaltigung eine Rüge.

Das Portal „bild.de“ erhielt für die Veröffentlichung eines unverpixelten Fotos eines Mordopfers eine Rüge. Die identifizierende Berichterstattung über das Opfer sei als schwerer Verstoß gegen Ziffer 8, Richtlinie 8.2. des Pressekodex, nach der die Identität von Opfern besonders zu schützen sei, zu werten. „Bild am Sonntag“ und bild.de erhielten wegen einer identifizierenden Berichterstattung über Opfer und Täter bei einer Gewalttat beim CSD in Münster eine weitere Rüge. Darüber hinaus wurde bild.de für die Berichterstattung über einen Mordprozess, bei dem ein Familienfoto mit nur zum Teil verpixelten Angehörigen zu sehen war, ebenfalls gerügt.

An die „Braunschweiger Zeitung“ ging eine Rüge, weil sie unter dem Titel „Dicke Luft in der Autostadt Wolfsburg“ über eine mögliche Abberufung der Geschäftsführerin des Freizeitparks berichtet hatte, der Betroffenen aber nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.

Das Portal suedkurier.de wird gerügt, weil es drei Fotos einer nackten Frau, die durch die Innenstadt gelaufen und von Passanten gefilmt worden war, veröffentlicht hatte. Da sich die Frau offenbar in einem psychischen Ausnahmezustand befand, stelle die Veröffentlichung der Fotos eine Verletzung der Menschenwürde und des Persönlichkeitsschutzes einer psychisch Kranken dar.

Wegen einer groben Irreführung der Leserschaft erhielt das Portal „wunderweib.de“ eine Rüge, weil es mit einem Beitrag und der dazugehörenden Überschrift suggeriert hatte, dass vier TV-Sender komplett eingestellt würden. Dabei wurde deren Ausstrahlung lediglich von SD- auf HD-Empfang umgestellt.

Weil das Eigeninteresse des Verlags nicht offengelegt worden war, erhielt „Die Zeit“ eine Rüge. In einem Interview mit der Chefin eines Kreuzfahrt-Veranstalters wurde diese zu Reisen und Klimaschutz befragt, ohne dass erwähnt worden war, dass der Zeit-Verlag mit einem dem Kreuzfahrt-Unternehmen nahestehenden Veranstalter zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eine gemeinsame „Seereise Brasilien“ angeboten hatte.

Das Portal stern.de erhielt eine Rüge für einen Beitrag über alkoholfreien Sekt, weil in dem Artikel Affiliate-Links zum Online-Shop einer Autorin eingebaut worden waren. Das Setzen der Links verstoße in schwerer Weise gegen die Pflicht zur Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten.

Neben den zehn Rügen sprach der Presserat in seinen Sitzungen 21 Missbilligungen und 19 Hinweise aus. 48 Beschwerden wurden als unbegründet erachtet, sechs als begründet, es wurde aber auf Maßnahmen verzichtet. Insgesamt wurden 118 Beschwerden behandelt.