Digitalisierung ist keine Bringschuld des Staates – Wir brauchen die Kreativität der Vielen

Minister Volker Wissing im Interview mit BDZV-Präsident Mathias Döpfner

„Mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ist wieder deutlich geworden, wie ungeheuer wichtig wahrheitsgemäße, auf Fakten basierende Information ist“, erklärte der Präsident des Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und Vorstandsvorsitzende Axel Springer SE, Dr. Mathias Döpfner, heute bei seinem Impuls anlässlich der Digitalkonferenz #beBETA in Berlin. Dabei sei die digitale Verbreitung für die Bürger in der Ukraine aktuell das Entscheidende, führte Döpfner weiter aus. Die Berichte der digitalen Tageszeitung „Kyiv Independent“ beispielsweise seien für jeden verfügbar.

Dr. Volker Wissing und Dr. Mathias Döpfner
BDZV/Zumbansen

Mit Blick auf die Durchsetzung digitaler Nachrichteninhalte sei dies ein „historischer Moment des Journalismus“, führte der Manager aus. Es gebe gute Gründe für die Branche, optimistisch in die digitale Zukunft zu blicken. Digital, das bedeute nämlich „unbegrenzte Länge, weil es keine Begrenzung im Internet gibt; viel mehr Zeit, weil es keine Deadline gibt; viel mehr Kreativität“.

Digitaljournalismus sei auf der Höhe seiner intellektuellen Kraft angekommen, zeigte sich der BDZV-Präsident vor den rund 200 Besuchern der BDZV-Konferenz überzeugt. Nun komme es darauf an, die „nächste Welle der digitalen Möglichkeiten zu gestalten, wir stehen, Schlagwort Web 3, am Beginn einer großen Innovationwelle“.  Der größte Fehler wäre es, gar nichts zu tun, warnte Döpfner.  Vielmehr empfehle er zu versuchen, „sich mit punktuellen kreativen Projekten an die Spitze der Bewegung zu setzen“. Sein Credo: „Das Beste liegt noch vor uns – als Kraft für Demokratie und hoffentlich auch als Geschäftsmodell!“

Diesen Ball nahm Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, gern auf. Er freue sich über den Optimismus, der von den Verlegern mit dem Begriff Digitalisierung verbunden werde. Mit Verweis auf interessanten Nachrichtencontent, bei dem die Paywall immer dann hochgehe, wenn es spannend wird, bekräftigte Wissing: „Journalismus lebt von Qualität. Und Qualität lebt davon, dass sie auch honoriert wird.“

Wissing verwies auf den aktuellen Digital News Report des Reuters Institute, wonach in Deutschland als einzigem der analysierten Länder die Bereitschaft, für Digital Content zu zahlen wachse.  Als „Meilensteine für die EU“ bezeichnete Wissing die vor Kurzem verabschiedeten Regelwerke Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA). Nun sei es wichtig, dass beide konsequent umgesetzt werden.“

Diesen Punkt griff BDZV-Präsident Döpfner im anschließenden kurzen Interview wieder auf und fragte, wie der zuvor von Bundesminister Wissing apostrophierte „Systemwechsel“ in diesem Zusammenhang zu verstehen sei. „Wir wollen einen digitalen Binnenmarkt“, erläuterte Wissing. National macht das keinen Sinn.“ Regulierung auf diesem Gebiet bedeute den Tanz auf einer scharfen Schneide, denn „es sind sensible Bereiche wie die Meinungsfreiheit betroffen“.  Sein Ziel sei es, DSA und DMA „auf europäischer Ebene schnell umzusetzen, ständig zu kontrollieren – und dies in großer Transparenz.“ Die Arbeit an diesen beiden Gesetzen sei nicht abgeschlossen. „Wir bleiben am Ball.“

Wissings Appell zum Schluss: „Ich wünsche mir, dass wir aus dieser etwas verbreiteten digitalen Larmoyanz herauskommen und den Optimismus, den Sie hier verbreitet haben, weitertragen.“  Da seien auch die Verleger und Digitalpublisher gefordert. „Digitalisierung ist keine Bringschuld des Staates. Sie lebt von der Kreativität der Vielen. Nicht der Staat wird Geschäftsmodelle entwickeln, das muss die Gesellschaft machen.“

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