06. Februar 2014 | Ausland
ROG kritisiert geplantes Internetgesetz in der Türkei
Reporter ohne Grenzen (ROG) hat Ende Januar 2014 das türkische Parlament zur Ablehnung des geplanten Internetgesetzes aufgerufen. Zugleich appellierte die Menschenrechtsorganisation an die Repräsentanten der Europäischen Union, den türkischen Ministerpräsidenten zu grundlegenden Änderungen an dem Entwurf zu drängen. Die geplante Reform des Gesetzes Nummer 5651 würde den türkischen Behörden laut ROG die Möglichkeit eröffnen, die Überwachung und Zensur des Internets „drastisch auszuweiten“. „Mit diesem Gesetz könnten türkische Behörden praktisch ohne rechtsstaatliche Kontrolle beliebige Webseiten wegen kritischer Äußerungen über Tabuthemen oder Politiker sperren“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. Das Vorhaben füge sich nahtlos in eine Reihe repressiver Reaktionen der türkischen Regierung auf die Protestbewegungen seit dem vergangenen Sommer ein. „Ministerpräsident Erdogan muss endlich begreifen, dass er Kritik an seiner Politik nicht mit immer weiteren Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit beenden kann“, so Mihr.
Wie Reporter ohne Grenzen weiter ausführte, könne die türkische Aufsichtsbehörde für Telekommunikation (TIB) schon jetzt ohne Richterbeschluss Webseiten mit „obszönen“ Inhalten sperren. Das nun von der Regierungspartei eingebrachte Gesetz würde diese Befugnis auf Verletzungen der Privatsphäre, diskriminierende oder beleidigende Inhalte sowie Maßnahmen zum Schutz von Familie und Kindern erweitern. Auch das Kommunikationsministerium soll künftig Sperrungen anordnen dürfen. Wegen der fehlenden richterlichen Kontrolle und der weit gefassten Kriterien befürchtet ROG, dass die Änderungen zu massenhafter Zensur führen könnten, beispielsweise auch von Satire-Seiten wie Zaytung oder kritischen Online-Foren. Die Türkei nimmt Platz 154 von 179 Ländern auf der ROG-Liste der Pressefreiheit ein.