Interview

In einem Satz: Worum geht es in Ihrem Artikel?
Tobias Haberl: Mein Text begleitet ein Jahr lang den Politiker Udo Voigt, der als einziger Abgeordneter der rechtsextremen NPD im Europaparlament sitzt.

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Nach der Europawahl 2014 stand fest: Die rechtsextreme NPD hat einen Sitz im Europaparlament errungen, und Udo Voigt, der viele Jahre Parteivorsitzender war und überhaupt eine der Galionsfiguren der rechten Szene ist, wird bald von Strassburg und Brüssel aus versuchen, seine Ideologie zu verbreiten. Diese Konstellation hat mich interessiert: ein EU-Gegner im Europaparlament, ein Rechter im Zentrum der europäisch-demokratischen Idee. Sucht er die Kooperation mit anderen Rechten oder wenigstens europakritischen Parlamentariern? Inszeniert er sich? Und wenn ja, wie? Was macht so ein Einzelkämpfer, so eine persona non grata, eigentlich den ganzen Tag in Brüssel und Straßburg?

Ich habe ihn ein Jahr lang begleitet und immer wieder getroffen und gesprochen. Außerdem habe ich mit vielen anderen NPD-Mitgliedern, Politikern anderer Parteien, Journalisten, Politologen und dem bayerischen Verfassungsschutz gesprochen.

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Neutral zu bleiben. Über ein Jahr hinweg diesen Menschen in all seinen Facetten, privat und beruflich, kennen zu lernen, und trotzdem distanziert und objektiv zu bleiben, ihn weder zu verteufeln noch zu viel Verständnis für seine Person und seine Sicht der Dinge zu entwickeln. Man kommt einem Menschen über einen so langen Zeitraum nahe, ganz egal, ob man sein Weltbild teilt oder nicht, trotzdem habe ich immer wieder versucht, ihn unvoreingenommen zu betrachten, ohne Schaum vor dem Mund, trotzdem kritisch.

Von wem wurden Sie dabei unterstützt?
Vom Fotografen Daniel Delang. Und meinen beiden Chefredakteuren, die von Anfang an an das Projekt geglaubt und es verteidigt haben, als es nach seiner Publikation kontrovers diskutiert wurde.

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Neugierde. Mut. Ehrlichkeit. Zweifel – an allem. Auch an sich selbst. Sich immer wieder zwingen, nicht den einfachen, sondern den anstrengenden Weg zu gehen, die Realität zu betrachten und nicht eine wünschenswerte Version davon. Und dann: wieder zweifeln an dem, was man für die Realität hält.

Was braucht ein herausragender Artikel?
Ehrlichkeit. Guten Stil. Zurückhaltung an den entscheidenden Stellen. Aufwändige Recherche als Basis.

Was erwarten Sie von der Preisverleihung am 7. September in Berlin?
Format. Lässigkeit. Gute Drinks.